Die Bezeichnungen Key Account Management und – Manager sind leicht vergeben, die Konsequenzen jedoch selten durchdacht!
Aktualisierung des ursprünglichen Beitrages vom 04.02.2014
Key Account Management: Die Art und Weise, wie die Geschäftsbeziehung zu Schlüsselkunden organisiert ist, führt in den Unternehmen zu vielen Folgefragen, die häufig unbeantwortet bleiben. Die daraus resultierenden Folgeprobleme führen zu kostspieligen Reibungsverlusten im operativen Geschäft.
Key Account Management: ungeklärte Fragen im Innenverhältnis
Welcher Kunde sollte als Schlüsselkunde deklariert werden?
Orientiert man sich z. B. an
- dem tatsächlichen Umsatz oder Ertrag?
- dem möglichen Umsatz bzw. Ertrag?
- dem Cross- und Upselling-Potenzial?
- dem Bekanntheitsgrad des Kunden?
Die Orientierung am Umsatz ist offenbar besonders beliebt, denn der Vorteil liegt auf der Hand: Die Zuordnung ist einfach und – intern wie extern – leicht nachvollziehbar. Der Nachteil liegt ebenso auf der Hand:
In einem Unternehmen geht es unter dem Strich darum, Geld zu verdienen. Betrachtet man den Ertrag und nicht den Umsatz, so ist es ein offenes Geheimnis, dass manch ein normaler Kunde mehr zum Ertrag beiträgt als ein anspruchsvoller Großkunde, der auf seinen teuren Sonderbehandlungen besteht.
Damit kommen wir zu den Folgefragen:
Können Sie die Kosten wirklich verursachungsgerecht zuordnen und erkennen Sie falsche Kunden? (Siehe dazu den Beitrag »Erkennen Sie falsche Kunden?«)
Betrachtet man bei der Klassifizierung nicht nur die Ist-Situation, sondern auch die zukünftigen Potenziale, so hat man es mit der hohen Kunst der Kundenplanung im Allgemeinen und des Wallet Sizing im Besonderen zu tun. (Siehe dazu den Beitrag »Wertschöpfung optimieren: Marktplanung betreiben oder Kunden besuchen?«)
Mit „Potenzialen“ wird auch gerne argumentiert, wenn man den Namen eines Dax-Unternehmens auf die Liste der Schlüsselkunden setzt, nicht aber die „Noch-nie-gehört GmbH & Co. KG“, obwohl diese vielleicht das 100-fache an Umsatz und Ertrag erwirtschaftet. Wir sind alle Menschen und der Bekanntheitsgrad des Kunden stellt somit eine besondere Herausforderung an die Objektivität der Entscheidung dar.
Darüber hinaus können sich folgende Fragen stellen:
Was kann der Kunde dafür, dass Sie in Ihrer jetzigen Aufbau- und Ablauforganisation Ihre Produkt- und Bereichsegoismen nicht überwinden können und damit Ihre PS nicht auf die Straße bringen? (Siehe hierzu den Beitrag »Vertriebsprozess-Optimierung«)
Wie gehen Sie mit der selbsterfüllenden Prophezeiung um, die ein Stück weit mit der Klassifizierung einhergeht? Denn die besondere Aufmerksamkeit, die Sie dem Kunden durch die Klassifizierung zukommen lassen, kann sein Kaufverhalten positiv beeinflussen!
Ungelöste Fragen der hierarchischen Integration
Key-Account Manager, Relationship Manager, Großkundenbetreuer,…
…, in der Regel sagt weder das, was auf der Visitenkarte des Mitarbeiters steht, noch die offizielle Beschreibung des Managements, was wirklich dahinter steckt!
Der Einfachheit halber werde ich im Folgenden den Begriff Key Account Manager (KAM) verwenden.
Je größer und internationaler ein Unternehmen wird, desto wahrscheinlicher ist eine Matrixorganisation. Letztlich geht es um fünf Kriterien und die Organisation ihrer Schnittstellen:
1. Produktneutralität
Arbeitet der KAM weisungsgebunden für eine bestimmte Produkteinheit oder verantwortet er produktneutral alle Produkte des Hauses?
2. Regionale Neutralität
Arbeitet der KAM weisungsgebunden für eine bestimmte Region oder arbeitet er überregional für alle Regionen?
3. Cost-Center- versus Profit-Center-Organisation
Ist der KAM einem Profitcenter (z.B. Vertrieb) oder einem Costcenter (z.B. Zentrale) zugeordnet?
4. Seniorität und Weisungsbefugnis
Auf welcher Ebene der Unternehmenshierarchie ist der KAM angesiedelt? Inwieweit hat er Weisungs- und Entscheidungsbefugnisse gegenüber (ggf. hierarchisch übergeordneten) Produkt- und Bereichsverantwortlichen? Wer entscheidet wie, wenn eine Einheit im Sinne der gesamten Geschäftsbeziehung ein Opfer bringen muss?
5. Leistungsbemessung
Wie lässt sich der Erfolgsbeitrag des KAM messen? Unabhängig davon, für welche Kombination Sie sich entscheiden, werden Sie früher oder später von den Produkt- und Bereichsverantwortlichen Ihres Hauses mit dieser Frage konfrontiert. Die Lösungsmöglichkeiten sind vielfältig und reichen vom Fremdvergleichsgrundsatz bis zur Schattenrechnung.
Key Account Management: ungeklärte Fragen im Außenverhältnis
Welchen Nutzen haben ihre Schlüsselkunden davon, als solche deklariert zu werden?
Bei der Beantwortung dieser Frage zeigt sich meist, ob die Organisation wirklich die Interessen der Kunden im Auge hat oder nur die eigene Umsatz- und Gewinnmaximierung. Erstere können die Frage auf Anhieb beantworten, indem sie Produkte und Dienstleistungen auflisten, die ausschließlich für diese Zielgruppe zur Verfügung stehen.
Setzen wir die Reihe mit einer ungewöhnlichen Frage fort:
Wird dem Kunden wirklich ein Gefallen getan, wenn er als “Schlüsselkunde” eingestuft wird?
Denn einer (vermeintlich) besseren Betreuungsqualität steht typischerweise ein höherer Umsatzdruck gegenüber, den man mit diesem Kunden erzielen möchte.
Eine weitere Frage, die leicht übersehen wird, ist die folgende:
Wie reagiert ein Kunde, wenn er erfährt, dass er kein Schlüsselkunde ist?
Mit anderen Worten: Er findet heraus, dass er von Ihnen als Kunde zweiter Klasse behandelt wird. Vergessen Sie nicht: Er ist vielleicht ein Schlüsselkunde eines Ihrer kleineren Konkurrenten und wird von diesem umworben.
Im internationalen Großkundengeschäft ist das Key Account Management besonders anspruchsvoll, da der Kunde in der Regel weiß, dass er als Key Account betrachtet wird. Und wahrscheinlich haben Sie sogar dafür gesorgt, dass seine Erwartungshaltung entsprechend hoch ist: »Als unser Key Account stehen Ihre Bedürfnisse im Mittelpunkt unseres Handelns«.
Was kann der Kunde von Ihnen erwarten, wenn sich beispielsweise Ihre Organisation des internationalen Geschäfts von seiner unterscheidet?
Dies ist z.B. der Fall, wenn Sie zentral organisiert sind und diesen Kunden von Ihrer Zentrale aus betreuen möchten, Ihr Kunde aber dezentral organisiert ist, sein Einkäufer für Ihr Produkt in der Region sitzt und dieser gerne einen lokalen Ansprechpartner mit Entscheidungsbefugnis hätte.
Passen Sie Ihre Strukturen für ihn an? Wenn ja: Können oder sollten Sie sich diese Sonderbehandlung leisten? Wenn nein: Was hat dieser Kunde davon, Ihr Schlüsselkunde zu sein?
Was ist angesichts der vielen offenen Fragen die richtige Lösung?
In über 20 Jahren im Key Account Management multinationaler Matrixorganisationen habe ich alle möglichen Kombinationen der oben genannten Variablen am eigenen Leib erfahren.
Die jeweilige Lösung wurde von einem großen Beratungsunternehmen erarbeitet und als DIE Lösung verkauft.
Aber die nüchterne Erkenntnis, die ich im Laufe der Jahre gewonnen habe, lautet: Es gibt keine richtige Lösung! Jede Variante, für die man sich entscheidet, hat (mindestens) einen Nutzen und (mindestens) einen Preis.
Meine Dienstleistung für Sie
Mit einer Kombination aus Business Coaching & Consulting finden wir die Balance zwischen Nutzen und Preis, die zu Ihrer Organisation passt und von den Beteiligten als gemeinsame Lösung getragen wird. Lassen Sie uns in einem persönlichen Gespräch erörtern, wie der Weg dorthin in Ihrem konkreten Fall aussehen kann.