Umsatzsteigerung und Wachstum: Wie verhindern Sie die Akquisition von „falschen“ Kunden und welche Auswirkung haben Ihre Marketing-Aussagen hierauf?
Im ersten Teil haben wir herausgearbeitet, dass die üblichen Controlling-Instrumente zur Begleitung der Umsetzung einer Wachstumsstrategie ungenügend sind.
- Denn ein Unternehmen ist eine Kette von Einzeltätigkeiten zwischen Menschen, die miteinander interagieren.
- Die Dauer vieler dieser Tätigkeiten ist in aller Regel nicht fix, sondern eine Bandbreite.
- Diese Bandbreite ist signifikant beeinflusst durch den menschlichen Faktor.
gbcc-Akademie mit neuem Inhalt!

- Persönlichkeitsentwicklung: Warum ticke ich so, wie ich ticke? Und was nun?
- Mitarbeiterführung: Leitende Tätigkeiten braucht jedes Unternehmen – aber nicht zwingend Hierarchien!
- Prozessmanagement: Silodenken überwinden, professionell & produktiv zusammenarbeiten! Geht das?
- Kommunikation: Warum reden wir aneinander vorbei und was können wir dagegen tun?
Die mögliche Bandbreite der internen Prozesse zu kennen und durch kalkulatorische Stundensätze in Euros ausdrücken zu können, ist das A und O einer erfolgreichen Unternehmensführung und die Grundlage einer erfolgreichen Wachstumsstrategie.
Kunde ist nicht gleich Kunde
Damit nicht genug: Auch das Kundenverhalten hat einen signifikanten Einfluss auf diese Bandbreite. Zur Verdeutlichung:
Kunde A gibt einen klaren Auftrag durch, benötigt danach keine weiteren Interaktionen und zahlt am Ende pünktlich.
Kunde B
- will mehrere Angebote haben,
- feilscht mehrfach über den Preis,
- vergibt endlich den Auftrag,
- korrigiert ihn jedoch nachträglich,
- benötigt zwischendurch immer wieder Interaktionen und hält die Mitarbeiter „von der Arbeit ab“,
- muss erst angemahnt werden, um zu zahlen,
- und beim Zahlungseingang stellt man fest, dass er die Rechnung willkürlich gekürzt hat.
Das Problem nahezu aller Unternehmen: Ungeachtet des signifikant unterschiedlichen Verhaltens, wenn Kunde A und B den gleichen Umsatz tätigen, sehen die Kostenzuteilungen in ihren Kunden-GuV in aller Regel exakt gleich aus.
Apropos Wachstum, meine nüchterne Erkenntnis lautet:
Solange man nicht in der Lage ist, dieses unterschiedliche Kundenverhalten in Euros auszudrücken, ist das Unternehmen letztlich im Blindflug unterwegs.
Marketing-Sprech ist allgegenwärtig
Dieses Problem ist ein großes Stück weit hausgemacht durch die Marketing- und Positionierungsaussagen des Unternehmens.
Bei Interesse: „Marketing-Sprech ist allgegenwärtig“
Wenn nämlich Unternehmen Marketing betreiben, kann man ihre innere Haltung nicht selten wie folgt zusammenfassen:
„Ich versuche herauszufinden, was der Kunde von mir hören möchte und das kommuniziere ich dann auch entsprechend. Hauptsache Umsatzsteigerung.“
Wenn das Unternehmen Glück (!) hat, entlarvt der Kunde die mit dieser Haltung vorgetragene Positionierungsaussage als „reines Marketinggeschwätz“ und bleibt dem Unternehmen fern.
Marketing-Sprech zieht verstärkt „falsche“ Kunden an.
Wenn das Unternehmen jedoch Pech hat, zieht es mit der Absicht der Umsatzsteigerung vorgetragene Marketingaussage viele „falsche“ Kunden an.
Ich bezeichne sie nicht als falsch, weil sie etwas falsch machen oder eine falsche Erwartung haben. Jeder Kunde hat jedes Recht der Welt, das zu fordern, was er will.
Sie sind die falschen Kunden aus Sicht dieses Unternehmens. Denn das Unternehmen hat das Produkt bzw. Dienstleistung in einer Art und Weise in Aussicht gestellt, die es letztlich nicht abliefern kann und wird.
Das, was man tatsächlich abliefert, erfüllt das Bedürfnis des Kunden nicht. Ein Bedürfnis, das man selbst geweckt und sich selbst als Messlatte verpasst hat. Der Kunde bleibt unzufrieden, nörgelt immer weiter und verlangt immer „mehr“.
Genau dieses Kundenverhalten kostet viel Geld.
Ein Praxisbeispiel
Nachfolgend ist ein Beispiel (indexiert: Umsatz = 1.000, – ) für die Analyse der ökonomischen Realität der Geschäftsbeziehung mit einem Schlüsselkunden:
umsatzquotal | verursachungsgerecht | ||
---|---|---|---|
Umsatz | 1.000,– | 1.000,– | |
( – ) | Material | 550,– | 550,– |
(=) | Rohmarge | 450,– | 450,– |
( – ) | Kosten | 400,– | 600,– |
(=) | Ergebnis | 50,– | – 150,– |
Bei nur 5 % (buchhalterische) Gewinnmarge könnte man ja noch denken: »Solange ich noch im Plus bin, ist ja alles gut. Denn ich kann mit dem Namen dieses Großkunden Werbung machen und weitere Kunden gewinnen.«
Würde man das auch dann behaupten, wenn man es mit einem ökonomischen Verlust von 15 % zu tun hat? Die Antwort lautet in aller Regel: »Nein«! Denn für viele Unternehmer hört der Spaß spätestens dann auf, wenn sie aus eigener Tasche darauf zahlen müssen!
Falsche Kunden binden überproportional hohe Ressourcen. Bei Umsatzsteigerung sollte man daher bedenken: Sie sorgen dafür, dass immer mehr Mitarbeiter benötigt werden, damit man die sich daraus ergebende Mehrarbeit bewältigen kann. Das mindert in Folge die Profitabilität des Unternehmens.
Die Organisation wird im Laufe der Jahre immer fragiler und reagiert immer heftiger auf neue unternehmerische (Fehl-)Entscheidungen.
Wie ermittelt man den künftigen Personalbedarf?
Was Wachstum betrifft, würde man den Weg über die Erfassung der Tätigkeitsdauer gehen (siehe Teil 1), dann könnte man natürlich deutlich leichter den künftigen Personalbedarf hochrechnen und vorausschauend planen.
Aber da viele Unternehmen genau das nicht tun, läuft es letztlich darauf hinaus, dass sie mit der Expansionsstrategie beginnen und plötzlich feststellen:
„Ups, wir brauchen mehr Personal!“
Neue Kunden sind akquiriert, neue Aufträge sind angenommen und es fehlt das Personal, um sie ordentlich abzuarbeiten. Bestehende Mitarbeiter werden aufgefordert, verstärkt Überstunden zu leisten.
Die rhetorischen Fragen lauten daher:
- Wie (chaotisch) wird sich das Unternehmen weiterentwickeln?
- Welche Auswirkung hat das auf die künftige Produktivität und Profitabilität des Unternehmens?
Was Umsatzsteigerung und Wachstum betrifft: Operation gelungen, Patient leider tot!?
Fazit:
Solange man nicht in der Lage ist, unterschiedliches Kundenverhalten durch eine verursachungsgerechte Zuteilung der (Personal-)Kosten – zumindest grob – in Euros auszudrücken, ist das Unternehmen letztlich im Blindflug unterwegs.
Verschärfend kommt hinzu, dass Unternehmen durch ihre auf Wachstum ausgerichtete Marketing- und Positionierungsaussagen verstärkt „falsche“ Kunden anziehen.
Es ist daher wichtig, den Weg der Erfassung der Tätigkeitsdauer zu gehen, um deutlich leichter den künftigen Personalbedarf hochrechnen und vorausschauend planen zu können.
Nachdem wir die Personalressourcen ausreichend gewürdigt haben, möchte ich mich nun der Thematik „Finanzressourcen“ zuwenden. Davon handelt der 3. Teil.