Wenn für ein (komplexes) Problem keine Lösung in Sicht ist, braucht es zuerst eine „Mindset“-Anpassung. Was ist darunter zu verstehen?
“Wir haben zuerst die bewährte Lösung „A“ ausprobiert. Das hat nicht funktioniert. Dann haben wir „B“ ausprobiert. Ein Unternehmensberater hat dann für uns „C“ ausgearbeitet. Außerdem haben wir für viel Geld eine IT-Lösung gekauft. Alles ohne Erfolg.
Ich bin mit meinem Latein am Ende.”
Womit wir es hier zu tun haben, möchte ich mit einem Gleichnis verdeutlichen:
Es ist ein offenes Geheimnis, dass es Menschen gibt, die im Umgang mit Handwerkzeugen sehr eingeschränkt sind: Sie kennen nur den Hammer als Werkzeug und suchen daher überall nach Nägeln.
Im Laufe der Jahre lernen manche dazu. Sie lernen, auf die Oberflächenbeschaffenheit zu achten und Stahlnägel von Holznägeln zu unterscheiden. Sie schaffen es sogar, krumme Nägel und Nägel ohne Kopf erfolgreich zu verwenden. Sie lernen sogar, den Hammer als Zangenersatz zu benutzen, um Nägel aus der Wand zu ziehen.
Einige gehen noch einen Schritt weiter und erkennen, dass es auch Schrauben und Dübel gibt, um dauerhaftere Ergebnisse zu erzielen. Oder sie gehören zu der Minderheit, die erkennt, dass situationsbedingt schonendere Lösungen zu ebenso brauchbaren Ergebnissen führen können und daher gelegentlich lösbare Klebehaken verwenden.
Liegt die Lösung im „Machen“ oder im „Denken“?
Die Moral von der Geschichte: In einem Punkt blieb ihre innere Einstellung – unabhängig von der Lösung – gleich: Sie sahen die Lösung jedes Problems darin, etwas zu tun.
Tatsächlich sind die Menschen (in den Unternehmen) daran gewöhnt, (lineare) „Kausalitäts“-Annahmen zu treffen: Wenn ich „A“ mache, kommt „B“ heraus.
Tatsächlich aber sind die Sachthemen in Ihrem Unternehmen komplex-kausal – und die menschlichen Themen „systemisch-kausal“ (dazu vielleicht mehr in einem anderen Beitrag).
Statt mit einer linear-kausalen Mindset an eine Lösung heranzugehen, ist es sinnvoller, die Realität so zu akzeptieren, wie sie ist, nämlich dass man es letztlich immer und überall nur mit „Korrelationen“ zu tun hat:
Wenn ich gleichzeitig an den Variablen „A“ und „X“ und … arbeite, dann erhöhe ich signifikant die Wahrscheinlichkeit, dass sich auch „B“ positiv verändert.
Wenn Sie mir also sagen, dass Sie mit Ihrem Latein am Ende sind, dass Sie nicht mehr sehen, was Sie noch tun können, dann ist für mich der nächste Schritt der naheliegendste:
Vielleicht müssen Sie erst einmal ein anderes Mindset, eine passendere innere Haltung finden und dann stabil einnehmen, damit sich die Lösung entfalten kann. Ein Mindset, das zur aktuellen Problemlage passt und eine Lösung wahrscheinlicher macht.
Die Schwierigkeit im Umgang mit Begriffen besteht immer darin, dass wir sie verwenden, ohne sicher zu sein, dass der Sender und der Empfänger tatsächlich das Gleiche darunter verstehen. Das “richtige Mindset” ist da keine Ausnahme. Im Internet finden sich unzählige Beispiele, die plakativ die Botschaft vermitteln: “Du musst es nur wollen und es einfach tun. Das ist das richtige Mindset. Dann wird alles gut”.
Was hat das mit Mindset und der „Anpassung der inneren Einstellung“ zu tun? Für den englischen Begriff Mindset gibt es im Deutschen keine Entsprechung. Habitus, innere Haltung, Mentalität, Lebensphilosophie, Weltanschauung, Denkweise usw. wären mögliche Annäherungen. Hier meine Interpretation.
Mindset: eine bewährte Lösung
Seit Ihrer Kindheit sammeln Sie Erfahrungen. Auch Sie haben zwar mehrere „innere Berater“, die Ihnen Ratschläge geben. Aber die Empfehlungen eines inneren Beraters sind Ihnen als Kind besonders aufgefallen. Denn wenn Sie auf ihn hörten, „funktionierten“ Ihre Eltern z.B. besser und verhielten sich so, wie Sie es wollten. Oder Sie konnten dadurch Ärger vermeiden. Oder eine andere positive Assoziation.
Sie begannen, sich auf diesen inneren Ratgeber zu spezialisieren und seinen Empfehlungen besonders häufig zu folgen. Sie hatten immer mehr den Eindruck, dass die Welt so und nur so „richtig“ funktioniert.
Auch als Erwachsener wird Ihnen diese Spezialisierung gute Dienste leisten. Sie haben sie im Laufe der Jahre so sehr trainiert, dass sie Ihnen in Fleisch und Blut übergegangen ist und Sie sie nicht mehr bewusst wahrnehmen. Diese Spezialisierung beeinflusst unbewusst Ihr Denken, Fühlen und Handeln im Hier und Jetzt.
Aber es gibt auch eine Grenze, wo die Spezialisierung zur Last wird und einen behindert. Dann braucht man eine alternative Strategie, die man sich bewusst erarbeiten muss.
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Mindset im Geschäftsleben: Wo suchen Sie nach einer Lösung?
Ein Beispiel:
In meinem früheren Leben als Banker hatte ich zwei direkt konkurrierende Spezialmaschinenbauer in meinem Kundenportfolio.
- Einer sagte zu mir: „Die Kunden machen heutzutage keine Anzahlungen mehr, weil der Wettbewerb so hart ist. Ich brauche also eine Vorfinanzierung, sonst bekomme ich keine Aufträge“.
- Der andere hingegen hat noch nie einen Auftrag ohne eine ordentliche Anzahlung angenommen. Deshalb wollte er von mir eine Vertragserfüllungsbürgschaft. Erwartungsgemäß ging es diesem Unternehmen finanziell deutlich besser als dem anderen.
Sachlich gesehen waren beide Unternehmer in der gleichen Situation. Was sie unterschied, war ihr Mindset. Ihre Vorstellung davon, wie die Realität „funktioniert“. In dieser Vorstellung liegt eine enorme Kraft der selbsterfüllenden Prophezeiung verborgen.
Wir betrachten die Wirklichkeit nicht, wie sie ist, sondern wir suchen nach Indizien, die uns beweisen, dass wir mit unserer Annahme, wie sie sein sollte, richtig liegen.
Die erste Schwierigkeit besteht darin, zu entziffern, welche Denkweise Sie derzeit daran hindert, Ihr Ziel zu erreichen. Die eigentliche Hürde kommt erst danach: sich einzugestehen, dass eine andere Einstellung tatsächlich realistisch und machbar ist.
Ist Forderungsmanagement ein Prozessoptimierungs- oder ein Softwareproblem?
Nehmen wir zur Veranschaulichung ein Thema, das viele mittelständische Unternehmen beschäftigt: hohe Außenstände ihrer Firmenkunden. Sie auch? Nehmen wir weiter an, dass Ihr Unternehmen die sachlichen Hausaufgaben bereits gemacht hat.
- Sie haben ein ordnungsgemäßes Debitoren- und Mahnwesen eingerichtet.
- Sie haben die internen Aufgaben und Verantwortlichkeiten geklärt. Es besteht kein Zweifel mehr, welchen Beitrag Ihr Kundenbetreuer wann zu leisten hat. Die Buchhaltung muss ihm nicht mehr ständig hinterherlaufen.
- Und Sie haben sogar Geld in die Hand genommen und in Buchhaltungs-Software investiert.
Wenn Sie trotz all dieser Schritte eine leichte Verbesserung sehen, aber noch keinen wirklichen Durchbruch, dann haben wir es wahrscheinlich mit einem Mindset-Problem zu tun. Bei näherer Betrachtung könnte sich herausstellen, dass es bestimmte Großkunden sind, die nicht zahlen. Großkunden, die einen direkten Draht zu Ihnen als Chef haben.
Also gehen wir der Sache weiter nach und sprechen miteinander darüber. Vielleicht stellt sich heraus: Ja, das Thema hat etwas mit Ihrer inneren Haltung zu tun.
Sie zögern vielleicht, konsequent zu sein, weil Sie glauben, dass es sich um gute, langjährige Großkunden handelt, mit denen Sie ein freundschaftliches Verhältnis pflegen. Es gehört sich nicht – es ist unhöflich und unangemessen – einen guten Kunden schlecht zu behandeln, indem man hart auf den Tisch haut.
Und genau diese innere Haltung kommt auch bei Ihrem Kunden an und er reagiert mit der entsprechenden inneren Haltung: „Ach, die werden das schon nicht ernst nehmen. Ich mache weiter wie bisher“. Deshalb wird dieser Kunde sein Verhalten nie nachhaltig ändern. Egal wie oft Ihr Unternehmen mahnt.
Ein guter Kunde? Wirklich?
In diesem Beispiel kann man nur zu einem neuen Mindset gelangen, wenn man sich intensiv und kritisch mit den Prämissen auseinandersetzt, auf denen die innere Haltung beruht:
Stimmt es zum Beispiel, dass es sich um „gute Kunden“ handelt? Ist ein Kunde, der sich seit Jahren vertragsbrüchig verhält, nicht zweifellos ein schlechter Kunde, mit dem man als ordentlicher Kaufmann normalerweise nichts zu tun haben sollte?
Zahlt er nicht, weil er klamm ist, dann erst recht: Als ordentlicher Kaufmann besteht man in diesem Fall auf Vorkasse. Ist er nicht klamm, aber trotzdem ständig vertragsbrüchig, dann ist er keineswegs „freundlich“ gesinnt, sondern zieht Sie vorsätzlich und ständig über den Tisch.
Vielleicht reicht schon dieser kleine Perspektivwechsel, um zu einer neuen inneren Haltung zu finden. Die Sachargumente und die Instrumente bleiben genau dieselben, aber etwas ist jetzt anders:
Plötzlich dringt es aus allen Poren: „Ich meine es ernst. Ich will mein Geld oder die Geschäftsbeziehung ist beendet und wir sehen uns vor Gericht wieder“.
Manchmal reicht das nicht aus und Sie müssen weitere hinderliche Prämissen identifizieren und angehen. Zum Beispiel: Ist es wirklich wahr, dass Sie einen Kunden verlieren, wenn Sie berechtigterweise darauf bestehen, dass er seinen Teil der Vereinbarung einhält? Stimmt es, dass Sie auf den Umsatz mit diesem Kunden angewiesen sind und dass die Welt untergeht, wenn Sie ihn verlieren?
Erschwerend kommt hinzu, dass es oft nicht ausreicht, wenn nur Sie Ihre Einstellung ändern. Vielleicht braucht Ihr gesamtes Unternehmen eine Haltungsänderung, um komplexe Probleme lösen zu können. Übrigens: Auf diese Ausgangssituation ist meine Dienstleistung – die A.D.L.E.R.-Methode – ausgerichtet.
Man kann eine gewünschte Haltung nicht vortäuschen.
Nein, das funktioniert leider nicht. Das kann man zum Beispiel in privaten Beziehungen beobachten. Plakatives Beispiel: Person B erwartet, dass Partner/in A sie nicht mehr respektlos und von oben herab behandelt. Kommt es erneut dazu, dass A das bisherige Verhalten wiederholt, kann man beobachten, dass zwischen den beiden fest eingefahrene Rituale ablaufen: Mal versucht B logisch und sachlich zu begründen, warum A sich anders verhalten sollte, mal rollt sie mit den Augen und seufzt, mal wird sie laut und schimpft.
Auf dieses Ritual reagiert Person A wiederum mit einem Gegenritual: Mal argumentiert sie dagegen, mal zeigt sie Reue und verhält sie sich vorübergehend anders. Nichts davon ist von Dauer. Über kurz oder lang kehrt Person A zu ihrem gewohnten Verhalten zurück und die Rituale beginnen von neuem.
Bis eines Tages Person B mit gepackten Koffern da steht und sagt, dass sie auszieht und erst einmal überlegen muss, ob und wie es mit der Beziehung weitergeht. Das ist der Moment, in dem A plötzlich feststellt: Oh Sch…, da habe ich wohl eine kritische Entwicklung übersehen. Denn in der Zwischenzeit hat bei B eine echte Haltungsänderung stattgefunden. Von außen betrachtet ist alles so wie bisher und doch ist die Situation von einem Moment auf den anderen eine ganz andere.
Vorgetäuschte Haltung bei Mitarbeiterthemen
Ähnliche Rituale lassen sich auch bei Personalfragen beobachten.
Nehmen wir zum Beispiel an, Sie sind entscheidungsschwach und konfliktscheu. Dann nützt es wenig, sich eine tiefe Samurai-Stimme anzutrainieren und mit direktorialem Gehabe aufzutreten.
Denn die Mitarbeitenden merken früher oder später: Das ist alles nur Attitüde und hat nichts zu bedeuten.
Da sie nicht dumm sind, bewahren sie den Anschein nach außen indem sie auf Ihre Attitüde mit einem fest etablierten Ritual situativ reagieren: Mal sich reumütig zeigen, mal dagegen halten und gegenargumentieren und mal schnell das Versäumnis nachholen. Aber nachhaltig ändern wird sich an ihrem Verhalten nichts.
Führt eine Haltungsänderung automatisch zu einer Problemlösung?
Jein!
Mit Verweis auf die oben thematisierte Problematik „Kausalität“ versus „Korrelation“, wenn Sie an Ihrer Haltung arbeiten, dann erhöhen Sie signifikant die Wahrscheinlichkeit, dass sich eine Lösung findet. In jedem Falle bekommen Sie nach einer Haltungsänderung des Öfteren zu hören:
„Etwas ist anders! Sie haben sich verändert!“
1 Kommentar zu „Keine Lösung in Sicht? Dann versuchen Sie es mit einer Anpassung Ihres Mindset!“
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