Die Bezeichnungen Key Account Management und – Manager sind leicht vergeben, die Konsequenzen jedoch selten durchdacht!
Key Account Management: Die Art und Weise wie die Geschäftsbeziehung mit Schlüsselkunden organisiert wird, sorgt für viele Folgefragen in einem Unternehmen, die häufig unbeantwortet bleiben. Die daraus resultierenden Folgeprobleme sorgen für kostspielige Reibungsverluste im operativen Geschäft.
Key Account Management: ungeklärte Fragen im Innenverhältnis
Welcher Kunde soll eigentlich als ein Schlüsselkunde deklariert werden?
Orientiert man sich dabei an z. B.
- den Ist-Umsatz oder Ertrag?
- den Kann-Umsatz oder Ertrag?
- das Cross-Selling-Potenzial?
- den Bekanntheitsgrad des Kunden?
Die Orientierung nach Umsatz ist augenscheinlich besonders beliebt, denn der Vorteil liegt auf der Hand: Die Eingruppierung ist leicht und – im Innen- genauso wie im Außenverhältnis – nachvollziehbar. Der Nachteil liegt ebenfalls leicht auf der Hand:
Es geht in einem Unternehmen – unterm Strich – darum, Geld zu verdienen. Beschäftigt man sich mit Erträgen anstatt mit Umsätzen, ist es ein offenes Geheimnis, dass manch ein Normalkunde mehr zum Ertrag beiträgt, als ein anspruchsvoller Großkunde, der auf seine kostspieligen Sonderbehandlungen besteht.
Damit wären wir bei den Folgefragen angelangt:
Können Sie Kosten wirklich verursachungsgerecht zuordnen und erkennen Sie falsche Kunden? (Siehe hierzu den Beitrag »Erkennen Sie falsche Kunden?«)
Betrachtet man bei der Eingruppierung nicht nur die Ist-Situation, sondern auch die zukünftigen Potenziale, dann hat man es mit der hohen Kunst der Kundenplanung im Allgemeinen und des Wallet Sizing im Besonderen zutun. (Siehe hierzu den Beitrag »Wertschöpfung optimieren: Marktplanung betreiben oder Kunden besuchen?«)
Mit „Potenziale“ wird ebenfalls gerne argumentiert, wenn man den Namen eines Dax-Unternehmens auf der Liste der Schlüsselkunden vorfindet, aber den Namen Noch-nie-gehört GmbH & Co. KG nicht, obwohl der Letztgenannte womöglich das 100-fache an Umsatz und Ertrag bringt. Wir sind alle Menschen und der Bekanntheitsgrad des Kunden stellt somit die Objektivität der Entscheidung vor eine besondere Herausforderung.
Darüber hinaus stellen sich möglicherweise folgende Fragen:
Was kann der Kunde dafür, dass Sie in Ihrer jetzigen Aufbau- und Ablauforganisation Ihre Produkt- und Bereichsegoismen nicht überwinden können und somit Ihre PS nicht auf die Straße bekommen? (Siehe hierzu den Beitrag »Vertriebsprozess-Optimierung«)
Wie geht man mit der selbsterfüllenden Prophezeiung um, die ein Stück weit mit der Eingruppierung einhergeht? Denn die besondere Aufmerksamkeit, die Sie dem Kunden durch die Eingruppierung zukommen lassen, wird möglicherweise sein Einkaufsverhalten positiv beeinflussen!
Ungeklärte Fragen in der hierarchischen Eingliederung
Key-Account Manager, Relationship Manager, Großkundenbetreuer,…
…i. d. R. erklärt weder das, was auf der Visitenkarte des Mitarbeiters steht, noch die offizielle Beschreibung des Managements, was wirklich dahinter steckt!

Vereinfachend verwende ich nachfolgend den Begriff Key Account Manager (KAM).
Je größer und internationaler eine Unternehmung wird, desto wahrscheinlicher wird es, dass man eine Matrixorganisation vorfindet. Es geht letztlich um fünf Kriterien und die Organisation ihrer Schnittstellen:
1. Produktneutralität
Steht der KAM weisungsgebunden auf der Gehaltsliste einer bestimmten Produkteinheit oder zeichnet er sich produktneutral für alle Produkte des Hauses verantwortlich?
2. Regionale Neutralität
Steht der KAM weisungsgebunden auf der Gehaltsliste einer bestimmten Region oder zeichnet er sich regionsübergreifend für alle Regionen des Hauses verantwortlich?
3. Cost-Center- versus Profit-Center-Organisation
Steht der KAM auf der Gehaltsliste eines Profit-Centers (z. B. Vertriebseinheit) oder eines Cost-Centers (z. B. Zentrale)?
4. Seniorität und Weisungsbefugnis
Wie hoch steht der KAM in der Unternehmenshierarchie? In wie weit hat er Weisungs- und Entscheidungsbefugnis gegenüber (womöglich hierarchisch höher gestellte) Produkt- und Bereichsverantwortlichen? Wer trifft wie die Entscheidung, wenn eine Einheit im Sinne der Gesamtgeschäftsbeziehung ein Opfer zu erbringen hat?
5. Leistungsbemessung
Wie misst man den Erfolgsbeitrag des KAM? Egal welche Kombination Sie wählen werden, über kurz oder lang werden die Produkt- und Bereichsverantwortliche in Ihrem Haus Sie mit dieser Frage konfrontieren. Die möglichen Lösungen sind sehr vielfältig und reichen von Fremdvergleichsgrundsatz bis zu einer Schattenbuchhaltung.
Key Account Management: ungeklärte Fragen im Außenverhältnis
Was haben ihre Schlüsselkunden davon, als solche deklariert zu werden?
Bei der Beantwortung dieser Frage erkennt man meist, ob die Organisation wirklich Kundeninteressen im Sinne hat oder lediglich die eigene Umsatz- und Ertragsmaximierung. Die Erstgenannten können auf Anhieb die Frage beantworten und listen die Produkte und Dienstleistungen auf, die exklusiv dieser Zielgruppe zur Verfügung stehen.
Setzen wir die Reihe mit einer ungewöhnlichen Frage fort:
Tue ich eigentlich dem Kunden einen Gefallen, wenn er als “Schlüsselkunde” eingestuft wird?!
Denn einer (vermeintlich) besseren Betreuungsqualität steht typischerweise ein höherer Umsatzdruck gegenüber, den man mit diesem Kunden erzielen möchte.
Eine weitere Frage, die leicht übersehen wird, lautet:
Wie reagiert ein Kunde, wenn er herausfindet, dass er kein Schlüsselkunde ist?
Sprich: Er findet heraus, dass Sie ihn als Kunde zweiter Klasse wahrnehmen. Man darf nicht vergessen: Er ist möglicherweise ein Schlüsselkunde eines Ihrer kleinen Wettbewerber und wird von diesem hofiert.
Besonders anspruchsvoll ist das Key Account Management im internationalen Großkundengeschäft, denn es ist i. d. R. dem Kunden bekannt, dass er als Key Account angesehen wird. Und Sie haben vermutlich sogar dafür gesorgt, dass seine Erwartungshaltung entsprechend hoch ist: »Als unser Key Account stehen Ihre Bedürfnisse im Zentrum unseres Handelns«.
Was kann der Kunde von Ihnen erwarten, wenn beispielsweise Ihre Organisation des internationalen Geschäfts von seiner abweicht?
Das ist z. B. der Fall, wenn Sie zentralistisch aufgestellt sind, und diesem Kunden aus Ihrer Zentrale heraus betreuen möchten, aber Ihr Kunde dezentral aufgestellt ist, sein Einkäufer für Ihr Produkt in der Region sitzt und dieser gerne einen lokalen Ansprechpartner mit Entscheidungsmacht haben möchte.
Passen Sie Ihre Strukturen für ihn an? Falls ja: Können bzw. sollten Sie sich diese Sonderbehandlung leisten? Falls nein: Was hat dieser Kunde davon, Ihr Schlüsselkunde zu sein?
Die vielen offenen Fragen oben vorausgeschickt, was ist die richtige Lösung?
In über 20 Jahren in Key Account Management von multinationalen Matrixorganisationen habe ich jede mögliche Kombination der obigen Variablen am eigenen Leibe erfahren dürfen.
Die jeweilige Lösung wurde durch ein großes Beratungshaus erstellt und als die Lösung verkauft.
Die nüchterne Erkenntnis, die sich jedoch bei mir im Laufe der Jahre eingestellt hat, lautet: Es gibt keine richtige Lösung! Jede Variation, die Sie wählen werden, hat (mindestens) einen Nutzen und Sie werden (mindestens) einen Preis dafür zahlen.
Meine Dienstleistung für Sie
Mittels einer Kombination aus Business Coaching & Consulting finden wir die Balance zwischen Nutzen und Preis, die zu Ihrer Organisation passt und von den Betroffenen als gemeinsame Lösung getragen wird. Lassen Sie uns in einem persönlichen Gespräch erörtern, wie der Weg dorthin in Ihrem konkreten Fall aussehen kann.