Charisma: Wie die Ausstrahlung auf Menschen wirkt, wie sie motiviert und fasziniert.
Ob im Sport, in der Musik, in der Politik oder in der Wirtschaft, überall treffen wir immer wieder auf Menschen, die durch ihr Auftreten eine ganz besondere Wirkung hinterlassen.
Sie ziehen Menschen in ihren Bann, beeinflussen ihre Stimmung und schaffen sogar, ihre persönlichen Werte zu verändern.
Was ist Charisma?
Nach jahrzehntelanger Forschung sind sich die Wissenschaftler weltweit weitestgehend einig, dass Charisma keine Persönlichkeitseigenschaft ist.
Vielmehr ist es so, dass Menschen eine Person dann als charismatisch empfinden, wenn sie sich mit dieser Person identifizieren oder wenn sie glauben, dass sie Ähnlichkeiten und Gemeinsamkeiten mit dieser Person haben.
Ist Charisma messbar?
In den Wirtschaftswissenschaften wurde Charisma lange Zeit als obskure Erscheinung betrachtet. Dies änderte sich erst, als im Jahr 1987 die Wirtschaftswissenschaftler Jay Conger und Rabindra Kanungo den Begriff “Charisma” in einer empirischen Studie anhand konkreter Verhaltensbeschreibungen operationalisiert und messbar gemacht haben. Demnach werden Führungskräfte als charismatisch wahrgenommen, wenn sie über folgende fünf Merkmale verfügen:
- Sie können eine überzeugende Vision vermitteln.
- Sie erfüllen ihre Vorbildfunktion.
- Sie inspirieren ihre Mitarbeiter zu besonderen Leistungen.
- Sie entwickeln die persönlichen Stärken und Fähigkeiten ihrer Mitarbeiter weiter.
- Sie können ihre Mitarbeiter zu eigenständigen, kreativen Problemlösungen anregen.
Das Charisma einer Führungskraft lebt also von der Identifikation der Mitarbeiter und hat nur so lange Wirkung, wie sich die Führungskraft bewährt. Bewährt sich die Führungskraft nicht, verblasst auch das Charisma.
Kann man Charisma neurowissenschaftlich nachweisen?
Nicht nur Psychologen und Philosophen beschäftigen sich mit der Frage, was Charisma ist. Seit wenigen Jahren interessieren sich auch die Gehirnforscher für diese Frage. Um herauszufinden, was Charisma ist und wie es funktioniert, starteten im Jahre 2010 dänische Religions- und Neurowissenschaftler ein spannendes Experiment. Das Ergebnis war erstaunlich:
Je stärker jemand eine andere Person als charismatisch empfindet, desto eher werden kritische Kontrollfunktionen des Verstandes gemindert. Diese Eigenschaft des Gehirns ist evolutionär sinnvoll, weil es z. B. die Überlebenschancen des Einzelnen in der Gesamtgruppe erhöht oder den Erfolg einer Gruppe gegenüber einer anderen Gruppe möglich macht.
Andererseits kann diese Eigenschaft unseres Gehirns aber auch fatale Folgen haben und erklärt, warum es möglich ist, dass Menschen einem fanatischen Anführer blind folgen oder bereit sind, sich selbst zu opfern.
Ist Charisma lernbar?
Viele Menschen glauben, dass die “Gabe” des Charisma angeboren sei. Diese Ansicht ist jedoch falsch, denn Charisma ist durchaus lernbar. Allerdings ist es auch hier wie bei vielen anderen Dingen, wie z. B. Klavierspielen Lernen. Der eine kann es besser und der andere schlechter, und wenn man fleißig übt, wird es auf jeden Fall immer besser.
Quelle Text: AFNB – Akademie für neurowissenschaftliches Bildungsmanagement
3 Kommentare zu „Gehirnforschung: Charisma – Wie gute Führungskräfte Eindruck machen“
Ein guter Beitrag den ich gerne gelesen habe. Danke für die Mühe, die Sie gemacht haben, um das alles zusammenzutragen.
MfG Banyo
Oft liest man von einem charismatischen Sektenführer.
Zumindest bei dem Punkt 5, muss man die Theorie in Frage stellen, da die Eigenständigkeit und Krativität der Mitglieder nicht durch die Sekten und ihre Führer stets gefördert werden.
Es ist auch auffällig, dass Charisma immer mit einem Mann in einem reifen Alter in Verbingung gebracht wird. Von einer charismatischen Frau oder jüngeren Mann habe ich noch nie gelesen.
Nach der Theorie aber hätte es aber auch weibliche und jüngere Charismatiker geben müssen?
Guter Punkt! Unter “charismatisch” kann jeder subjektiv etwas anderes verstehen. Was diese 5 Punkte betrifft, der Begriff wurde damals von den beiden Wissenschaftlern anhand einer empirischen Studie *operationalisiert*, sprich messbar gemacht. Bei einer Operationalisierung versucht man drei Qualitätskriterien zu entsprechen: Die Messung ist “objektiv” (sprich zwei unterschiedliche Tester kommen zum selben Ergebnis), “zuverlässig” (wenn man 2x misst, bekommt man auch 2x das gleiche Ergebnis) und “aussagefähig” (das Instrument misst tatsächlich das, was es messen soll!). In wie weit andere Wissenschaftler meinen, dass diesen Kriterien entsprochen wurde, ist mir nicht bekannt.
Was Frauen betrifft, vielleicht ist es lediglich eine Frage der Wahrscheinlichkeit: Weniger Frauen als Männer in Führungspositionen = Weniger charismatische Persönlichkeiten. Es gibt jedoch genügend Frauen, denen man “Chrisma” nachsagte (das Problem der Begriffsdefinition oben außen vor): Lady Di, Jeanne d’Arc, Mutter Teresa, Margaret Thatcher, um einige sehr unterschiedliche Charaktere zu nennen.
Was jung versus alt betrifft, ich kann nur mutmaßen, dass es mit unserer Sozialisierung zusammenhängt, warum wir tendenziell erst einen gereifteren Menschen als charismatisch wahrnehmen (wollen). Bei jungen Frauen kommt der Begriff “IT-Girl” vermutlich eher vor und hat wohl auch einige Überlappungen mit diesem Begriff. Was Frauen in der Wirtschaft betrifft, Marissa Mayer, ehemals Google, jetzt CEO von Yahoo fällt mir auf Anhieb als eine junge Frau ein, die häufig als charismatisch beschrieben wird. Ihr Charisma dürfte jedoch bei den Yahoo-Mitarbeitern, denen sie die Heimarbeitsplätze gestrichen hat, stark gelitten haben.