Glücksforschung: Können wir Glück trainieren? Ja. Können wir dauerhaft glücklich sein? Nein! Gut so! Sonst würden wir laut Studien vor lauter Glück sterben.
Glücksforschung: Können wir Glück trainieren? Ja. Können wir dauerhaft glücklich sein? Nein! Gut so! Sonst würden wir laut Studien vor lauter Glück sterben.

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Gehirnforschung & Glücksforschung: Glück kommt nicht von alleine

7 Min.

Glück: Neurowissenschaftliche Erkenntnisse der Glücksforschung und wie wir unser Gehirn steuern können

Unter allen Gefühlen, die wir kennen, ist Glück mit Abstand die Nummer eins. Aber unsere Glücksgefühle sind unberechenbar. Kaum hat uns das Glück gefunden, ist es auch schon wieder weg. Die Folge ist, dass wir Menschen in gewisser Weise immer auf der Suche nach dem Glück sind und es doch nie dauerhaft erreichen.

Was ist Glück?

Zu allen Zeiten und in allen Kulturen haben sich Menschen schon immer die Frage gestellt: “Was ist Glück?” Früher waren es die Philosophen, die eine Antwort auf diese Frage suchten. Später waren es dann die Psychologen und Soziologen. Und heute sind es die Gehirnforscher, die mit den modernen Methoden der Medizin und der Technik dem Glück auf die Spur kommen wollen.

Obwohl alle ganz unterschiedliche Wege und Ansätze verfolgen, kann man aber bereits jetzt schon sagen, dass es vor allem drei Erkenntnisse der Glücksforschung gibt, bei denen sich alle Experten weitestgehend einig sind:

  1. Die Lebensbedingungen eines Menschen sind nicht maßgeblich dafür verantwortlich, ob er glücklich ist oder nicht.
  2. Auch Faktoren wie Wohlstand, Macht, Status, Alter oder Intelligenz tragen nur zu einem bestimmten Teil zum Glück bei.
  3. Auch wenn Glück für jeden Menschen etwas anderes bedeutet, so ist unser Glücklichsein hauptsächlich geprägt durch unsere Denkweise und durch unsere Wahrnehmung.

Um dem Glück auf die Spur zu kommen, experimentieren Wissenschaftler mit euphorischen Ratten, untersuchen die Gehirne von Liebespaaren im Hirnscanner oder führen Studien an Probanden während eines Computerspiels durch. Auch wenn noch lange nicht alle Details bekannt sind, wissen wir inzwischen doch schon sehr viel darüber, wie und wo Glück in unserem Gehirn entsteht, welche Areale unseres Gehirns daran beteiligt sind und welche biochemischen Prozesse dabei ablaufen.

Die Forschungsergebnisse sind beeindruckend, denn es gibt in unserem Gehirn eine Art Glücksmechanismus, der bereits anspringt, wenn wir uns auf ein mögliches Glück zubewegen und die damit verbundene Vorfreude empfinden. Mit Hilfe dieser Erkenntnisse gelingt es uns aber nicht nur, den Entstehungsort des Glücks zu definieren. Viel wichtiger ist, dass uns diese Erkenntnisse erstaunliche Antworten auf eine der wohl wichtigsten Fragen liefern: Was können wir tun, um ein glücklicheres Leben zu führen?

Mindestens sieben Hirnareale sind an der Glücksproduktion beteiligt

Wie man inzwischen weiß, sind es mindestens sieben Areale unseres Gehirns, die an der “Glücksproduktion” beteiligt sind.

  1. Im Zentrum steht hierbei das so genannte VTA, das ventrale tegmentale Areal unseres Gehirns. In diesem Areal beginnt und endet der Kreislauf der “Glücksproduktion”.
Glück: 7 Gehirnareale sind beteiligt
  1. Die Amygdala, auch Mandelkern genannt, ist Bestandteil des limbischen Systems. Hier werden alle eingehenden Signale emotional bewertet. Hier entscheidet es sich, ob ein eingehendes Signal als angenehm oder unangenehm, als positiv oder negativ oder als gut oder schlecht bewertet wird.
  2. Der Nucleus accumbens ist ein wichtiger Bestandteil des Belohnungssystems im Gehirn. Er spielt u.a. eine große Rolle bei emotionalen Lernprozessen und ist maßgeblich an dem Grad unserer Motivation beteiligt.
  3. Der orbitale Cortex. Dieses Areal ist eine Hirnwindung, die direkt über unserem linken Auge liegt. Hier werden emotionale und motivationsbezogene Signale mit unserem gespeicherten Wissen und unseren gespeicherten Erfahrungen beurteilt und bewertet.
  4. Im anterior cingulären Cortex finden u.a. Prozesse statt, die im Hinblick auf Entscheidungen, Sozialverhalten und Lernprozesse eine große Rolle spielen.
  5. Der Hypothalamus wandelt Botenstoffe, also Neurotransmitter in Neurohormone um und regelt deren Ausschüttung über die Hypophyse, also über die Hirnanhangdrüse, mit der er in direkter Verbindung steht.
  6. Die Hypophyse liegt bereits außerhalb unseres Gehirns und hat direkten Zugang zu unserem Blutkreislaufsystem. Über den Blutkreislauf kön-nen nun die Neurohormone zu den zuständigen Organen transportiert werden.

Es sind mindestens diese sieben Areale, die eng miteinander verbunden und in einem sehr komplexen Wechselspiel untereinander für die Erzeugung des schönsten Gefühls der Welt, das Glück, zuständig sind.

Unser Gehirn verändert sich ständig und es lässt sich trainieren wie Muskeln

Eine der wohl wichtigsten Erkenntnisse der Neurowissenschaften ist die, dass sich unser Gehirn ständig verändert. Bei allem, was wir tun und/oder denken, verändert sich unser Gehirn. Und eine weitere sehr wichtige Erkenntnis der Gehirnforschung ist, dass wir unser Gehirn trainieren können. Wir können es trainieren wie einen Muskel.

Wenn sich also unser Gehirn ständig verändert und wir unser Gehirn wie Muskeln trainieren können, dann stellen sich folgende Fragen:

  1. Können wir Glück trainieren?
  2. Können wir unser Gehirn so verändern, dass wir dauerhaft und für immer glücklich sind?

Die Frage, ob wir Glück trainieren können, kann man uneingeschränkt mit “Ja” beantworten. Die Frage, ob wir unser Gehirn so verändern können, dass wir dauerhaft und für immer glücklich sind, muss allerdings mit “Nein” beantwortet werden. Auch wenn wir dies auf den ersten Blick schade finden, so sollten wir dennoch froh darüber sein, dass dies so ist. Wäre es nämlich nicht so und könnten wir dauerhaft glücklich sein, würden wir vor lauter Glück sterben, wie uns viele Studien beweisen.

Warum wir an Glück sterben könnten

Es war in den 1950er Jahren, als Prof. James Olds mit Hilfe von Experimenten an Ratten eine Kartierung des Gehirns erstellen wollte. Um eine solche “Gehirn-Landkarte” zu erstellen, hatte er den Ratten an verschiedenen Stellen des Gehirns Elektroden eingesetzt. Dabei machte er eine sehr interessante Beobachtung: Immer dann, wenn er bei den Ratten eine bestimmte Stelle des Hypothalamus reizte, kehrten die Ratten an den Platz zurück, wo sie diesen Reiz zum ersten Mal verspürten. Es hatte den Anschein, als ob die Ratten diesen Platz in der so genannten Scinner-Box mit einem besonderen Wohlgefühl verbunden hätten.

Glück: Lustzentren des Gehirns

Um seine Vermutung zu bestätigen, ging Olds einen Schritt weiter. Er implantierte den Ratten Reizelektroden am Hypothalamus und brachte den Ratten bei, einen Hebel zu drücken, wodurch sie selbst die Stromzufuhr und somit den Reiz im Gehirn regeln konnten.

Das Ergebnis war erstaunlich:

Die Ratten drückten unermüdlich und mit großer Leidenschaft immer wieder und wieder den Hebel. Solange, bis sie vor Erschöpfung zusammenbrachen.

Die “Pleasure Centers of the Brain”, also die “Lust-zentren des Gehirns” waren entdeckt.

Hätte man das Experiment mit den gleichen Ratten dauerhaft fortgeführt, wären die Ratten früher oder später im wahrsten Sinne des Wortes vor lauter Glück gestorben.

Glück ist zum Teil genetisch veranlagt

Wie uns inzwischen die Gehirnforschung belegen kann, gibt es auch eine gewisse genetische Veranlagung dafür, ob jemand mehr zu einer glücklichen und optimistischen oder mehr zu einer unglücklichen und pessimistischen Persönlichkeit neigt.

Der Grund hierfür ist, dass die Aktivität bestimmter Gehirnareale unsere allgemeine Stimmung beeinflusst. Menschen, bei denen die Aktivitäten im linken Stirnlappen höher als im rechten Stirnlappen sind, empfinden häufiger angenehme Gefühle. Menschen, bei denen die Aktivität im rechten Stirnlappen überwiegt, empfinden häufiger unangenehme Gefühle. Die gute Nachricht für alle “rechten Stirnlappenaktivisten” ist jedoch, dass wir die Aktivitätsmuster des Gehirns beeinflussen und durch Trainings verändern können.

Eine noch sehr junge Wissenschaft, die sich ebenfalls mit der Frage nach dem Glück beschäftigt und deren Methoden sich durch die Erkenntnisse der Gehirnforschung bestätigen lassen ist die “Positive Psychologie”.

Die Kraft der Positiven Psychologie

Die Positive Psychologie besteht aus drei Säulen, die in ihrer Kombination ein Höchstmaß an persönlicher Zufriedenheit bewirken können, und bezogen auf Schule, Arbeit und Beruf sind sie die Eckpfeiler für Spitzenleistungen.

Diese drei Säulen sind:

  1. Stärkenorientierung
    Nur wer seine Stärken kennt und sie optimal einsetzt, kann Spitzenleistungen erbringen.
  1. Flow
    Wenn die Aufgaben an die Fähigkeiten der Menschen angepasst sind, erreichen sie sehr häufig den Zustand der Selbstvergessenheit und gleiten in den so genannten Flow.
Glück: Positive Psychologie
  1. Sinn
    Nur wenn es gelingt, die unternehmerischen Ziele und Visionen mit den Wünschen und Motiven der Mitarbeiter in Einklang zu bringen, erhält die Arbeit ein Höchstmaß an Sinn.

Das wichtigste Ziel der Positiven Psychologie ist es, die positiven Emotionen zu mehren und die negativen zu mindern. Unternehmen, die sich Spitzenleistungen von ihren Mitarbeitern wünschen, sollten daher auf folgendes achten:

  • Mitarbeiter müssen wissen, wofür sie arbeiten.
  • Es muss Freiräume für Kreativität geben.
  • Fehler müssen erlaubt sein.
  • Jeder Chef sollte seinen Mitarbeitern das Gefühl geben, ein wichtiger Bestandteil des Unternehmens zu sein.

Quelle Bilder & Text: AFNB – Akademie für neurowissenschaftliches Bildungsmanagement

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Kommentare

3 Kommentare zu „Gehirnforschung & Glücksforschung: Glück kommt nicht von alleine“

  1. Vielen Dank für Ihre Ideen. Wir konnten ein paar interessante Gedanken für uns selber darin finden. Selbst wenn es das Leben gut mit uns meint, es unserem Umfeld und auch uns selbst gut geht, freuen wir uns im Leben immer über eine extra Prise Glück. „Vivre la vie“ gehört in Frankreich zur Lebensmaxime, bei uns Deutschen bleibt davon ein trockenes „Lebe dein Leben“. Es fehlt das Triumphierende der Sprache, der Aufschrei des Lebens, des Glücks für möglichst lange Momente. Vor unserem geistigen Auge assoziieren wir damit häufig, wie die Jugend in ihrer Unbeschwertheit auf die Dinge zuzugeht, völlig unbekümmert in einem Bewusstsein, dass es das Leben nur gut mit einem meinen kann. Es ist nicht schwer, Dinge zu finden, die einen glücklich machen. Der warme Frühlingswind, die Brise am Meer, das fröhliche abendliche Zusammensein. Auf die innere Haltung kommt es an und im französichen Vivre la vie schwingt etwas wie „Umarme das Leben“, halte es fest, mit allen Sinnen, lebe glücklich. Mit zunehmenden Alter bleibt es die Kunst des Lebens, jene Dinge festzuhalten, die uns glücklich machen. Uns eine gute Portion Unbeschwertheit und Jugend zu bewahren, selbst wenn sich die ersten kleinen Fältchen ins Gesicht graben. Lachfalten machen nicht alt, sie halten jung.Das Leben bleibt uns als Chance und Herausforderung auf der Suche nach Dingen, die uns glücklich machen, uns positiv einstimmen. Seien wir nicht allzu streng mit uns selbst. Halten wir das Glück fest, wenn es uns gefunden hat und lernen wir für unser Leben daraus. Glück schenkt uns Lebensfreude und Lebensmut, lässt uns auch manche schwierige Situation überstehen. Mit Optimismus und neuer Kraft sind wir fähig das Leben zu greifen und die Dinge hin zum Positive zu bewegen. Auf den Weg dorthin müssen wir die großen und kleinen Momente des Glücks pflegen wie eine zarte Pflanze im Garten. Den Boden bereiten, ihm die Nährstoffe zuführen und gelegentliches Gießen, vor allem wenn wir in der Hitze des Alltags zeitweise vergessen an uns zu denken, an unser ganz persönliches Glück.

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