Was wir von der Gehirnforschung lernen können, um die Kommunikation und die Teamarbeit erfolgreicher zu gestalten
Teamarbeit bedeutet nicht: „Toll, ein anderer macht’s!“. Teamarbeit bedeutet vielmehr, gemeinsam stärker und produktiver zu sein als der einzelne, und Teamarbeit ist weit mehr als die Summe der Einzelleistungen.
Damit Teamarbeit erfolgreich ist, muss eine Reihe von Bedingungen erfüllt sein.
- Motivation
Nur wenn alle Teammitglieder über eine hohe Motivation verfügen, erbringt das gesamte Team Höchstleistung. - Kommunikation
Jeder muss so kommunizieren, dass er von den anderen Teammitgliedern verstanden wird.
- Identifikation
Alle Teammitglieder müssen sich mit dem Ziel, das sie gemeinsam erreichen wollen, identifizieren können. - Kooperation
Nur wenn alle Mitglieder bereit sind, auch mal zu verzichten, mit anderen zu teilen oder zu Gunsten der anderen die eigenen Interessen zurückzustellen, kann Teamarbeit erfolgreich sein.
Motivation
Motivation bezeichnet das Streben, ein als wünschenswert eingestuftes Ziel auch tatsächlich zu erreichen und etwas dafür zu tun. Das Motiv ist also so etwas wie der Motor, der mit Hilfe von Treibstoff (Motivator) das Auto in Bewegung setzt, um an einen bestimmten Ort (Ziel) zu gelangen.
Neurowissenschaftlich ausgedrückt, geht es also darum, das Motivations- und Belohnungssystem im Gehirn zu aktivieren und in Gang zu setzen.
Eine der wichtigsten Erkenntnisse dieser biochemischen Prozesse ist, wie inzwischen in zahllosen Studien und Experimenten nachgewiesen werden konnte, dass die intrinsische Motivation, also das Streben z. B. nach Sinn, Verantwortung, Stolz, Freude usw. wesentlich stärker und nachhaltiger ist als die extrinsische Motivation, also die Motivation z. B. über Geld, Prämien oder Präsente.
Auch kann das, was motiviert, von Mensch zu Mensch sehr unterschiedlich sein.
Der Psychologe Steven Reiss von der Ohio State University befragte über 7.000 Personen nach ihren Motiven und stellte dabei fest, dass zwar alle dieselben grundlegenden Motive haben (nach Reiss sind es sechzehn an der Zahl), dass jedoch die Stärke dieser Motive individuell variiert. Das heißt, jeder Einzelne gewichtet Ziele wie z. B. das Streben nach Ehre, Gerechtigkeit oder Lob und Anerkennung unterschiedlich.
Um ein Team zu motivieren, sollten wir also vor allem auf psychologische Instrumente und Maßnahmen wie z. B. persönliche Wertschätzung oder Lob und Anerkennung setzen. Wenn wir das tun, dann macht unser Gehirn aus Psychologie Biologie, indem es Botenstoffe wie Dopamin, endogene Opioide und Oxytozin produziert und freisetzt.
Kommunikation
Die Kommunikation im Team stellt eine der größten Herausforderungen dar. Den Worten des Sprechers wird seitens der Zuhörer eine andere oder falsche Bedeutung zugemessen.
Die Zuhörer fühlen sich von den Worten des Sprechers fachlich überfordert. Oder es kommt aufgrund von sprachlichen Missverständnissen zu Streitigkeiten und Konflikten.
Das alles sind mögliche Szenarien einer Teambesprechung, und die Liste der möglichen Kommunikationsprobleme ließe sich sicher noch um viele Beispiele erweitern.
Identifikation
Viele Unternehmen stellen neue Mitarbeiter auf Basis ihrer Fachkompetenz ein. Schulabschlüsse und Zeugnisse stehen daher im Vordergrund. Worüber sich aber jeder Unternehmer oder Personalleiter bewusst sein muss, ist, dass auch der kompetenteste Experte scheitern wird, wenn sein persönliches Wertesystem nicht zur Unternehmenskultur passt.
Eine Studie von Kienbaum ermittelte, dass die Unternehmenskultur eine immer größere Bedeutung für den wirtschaftlichen Erfolg eines Unternehmens haben wird. 24 Prozent der befragten Manager bewerten die Unternehmenskultur aktuell als sehr wichtig für den wirtschaftlichen Erfolg. Mehr als doppelt so viele, nämlich 51 Prozent, urteilen, dass die Unternehmenskultur künftig und langfristig eine sehr hohe Bedeutung haben wird.
Der Grund, warum für Menschen die Kultur eines Unternehmens eine große Bedeutung hat, lässt sich auch neurowissenschaftlich sehr gut erklären.
Der Direktor des Max-Planck-Instituts für Hirnforschung, Wolf Singer, formulierte es einmal so:
„Das menschliche Gehirn ist ein Teil des soziokulturellen Umfelds.
Es ist nicht nur von genetischen Dispositionen geprägt, sondern auch von unserer Erziehung, den Werten und moralischen Kategorien, die uns vermittelt wurden, und der Wechselwirkung mit anderen Gehirnen.
Das Gehirn ist ein soziales Organ – man kann es nicht isoliert von der Umwelt verstehen“.
Teamarbeit kann also nur dann erfolgreich sein, wenn man das Gehirn als soziales Organ anerkennt und die Unternehmenskultur daran ausrichtet.
Kooperation
In der Vergangenheit hat sich die Wissenschaft kaum für die Erforschung des Themas Kooperation interessiert. Vielmehr waren wissenschaftliche Untersuchungen überwiegend darauf ausgerichtet, weitere Belege dafür zu finden, dass der Kampf ums Überleben die steuernde Kraft der Evolution sei.
Erst die moderne Neurobiologie der letzten Jahre bringt immer mehr Erkenntnisse zum Vorschein, dass der Mensch von den Genen bis hin zum Alltagsverhalten auf Kooperation ausgerichtet ist. Vor allem die Erforschung von experimentell hergestellten Situationen, in denen Versuchsteilnehmer zwischen Kooperation und Nichtkooperation wählen können, führte zu einer der wichtigsten und spannendsten wissenschaftlichen Disziplinen unserer Zeit, der Spieltheorie.
Bei der Spieltheorie handelt es sich keineswegs um eine Art Glücksspiel oder ein Unterhaltungsprogramm. Vielmehr ist es eine wissenschaftliche Methode, die zwischen Mathematik und Informatik angesiedelt ist und deren Erkenntnisse sich auf viele Bereiche der Psychologie, der Politik und der Wirtschaft übertragen lassen.
Ein in der Spieltheorie sehr bekanntes Experiment ist das so genannte „Gefangenen-Dilemma“. Bei diesem Experiment geht um folgende Situation:
Zwei Personen werden verdächtigt, eine gemeinsame Straftat begangen zu haben, für die eine Höchststrafe von fünf Jahren vorgesehen ist. Der Richter kann den beiden Personen die Straftat nicht nachweisen, aber es liegt eine Reihe von Indizien vor, die beide belasten.
Die beiden Gefangenen werden voneinander getrennt und haben keine Möglichkeit, miteinander zu kommunizieren. Dann informiert der Richter beide Gefangenen darüber, wie er vorgehen werde:
- Wenn beide die Straftat gestehen, werde er von der Höchststrafe absehen und beide zu vier Jahren verurteilen.
- Gesteht nur einer die Tat und der andere schweigt, erhält der, der schweigt, die Höchststrafe von fünf Jahren und der Geständige wird zur Belohnung freigelassen.
- Wenn beide schweigen, werden beide zu zwei Jahren verurteilt, weil es hierzu genügend Indizien gibt.
Der Politikwissenschaftler Robert Axelrod von der University of Michigan sammelte im Rahmen eines weltweiten Großversuchs Lösungsstrategien für das „Gefangenen-Dilemma“ und ließ sie in einer Computersimulation gegeneinander spielen.
Die Auswertung der Daten brachte folgendes Ergebnis:
- Das beste Ergebnis wird erzielt, wenn die beteiligten Personen auf Kooperation setzen.
- Entscheidet sich eine Person zur Nichtkooperation, so entscheidet sich in den folgenden Runden auch die andere Person zur Nichtkooperation (wie du mir, so ich dir).
- In gewissen Intervallen werden immer wieder neue Angebote zur Kooperation gemacht.
Dieses Ergebnis stimmt auch mit aktuellen Forschungsergebnissen der Neurobiologie überein, wonach das Bindungsbedürfnis an erster Stelle steht.
Für die Teamarbeit zeigen diese Forschungsergebnisse, dass wie bei allen zwischenmenschlichen Prozessen Kooperation und nicht der pure Egoismus im Vordergrund steht und dass Kooperation umso besser funktioniert, je besser sich die Teammitglieder kennen und miteinander verbunden fühlen.
Quelle Bilder & Text: AFNB – Akademie für neurowissenschaftliches Bildungsmanagement