Das magische Dreieck aus Qualität, Kosten und Zeit eignet sich hervorragend als Ordnungsrahmen, um mögliche Ansätze Ihrer Positionierung im B2C zu beleuchten.
Das magische Dreieck kennen Sie in der Regel aus dem Projektmanagement. Seine drei Parameter eignen sich aber auch hervorragend, um mögliche Ansätze für Ihre Positionierung im Privatkundengeschäft (B2C) abzugrenzen.
Im Folgenden werden die drei Parameter “Qualität”, “Kosten” und “Zeit” kritisch beleuchtet. Es versteht sich von selbst, dass diese drei Parameter ineinander greifen, sich gegenseitig beeinflussen und bis zu einem gewissen Grad in Zielkonkurrenz zueinander stehen.
Mögliche Ansätze zur Positionierung im B2C
Qualitätsführerschaft-Strategie
Wir sind von Qualitätsanbietern umgeben. So scheint es zumindest. Hotels, Restaurants, Handwerker, … viele Anbieter heben auf ihren Websites und in ihren Werbematerialien die besondere Qualität ihrer Produkte und Dienstleistungen hervor.
Auffallend ist, dass die Anbieter dazu neigen, hochpreisige Elemente ihrer Produkte als Grund dafür zu sehen, dass sie sich selbst als Qualitätsanbieter wahrnehmen und in der Öffentlichkeit auch so darstellen. Diese Interpretation greift meines Erachtens jedoch viel zu kurz, um eine Strategie der Qualitätsführerschaft erfolgreich zu etablieren.
“Wir verwenden in unserem Restaurant ausschließlich Bio-Produkte” oder “Ihr persönlicher Butler begleitet Sie zu Ihrer Suite” sind zunächst reine Produktbeschreibungen in einem bestimmten Markt-/Preissegment, für das der Kunde auch den entsprechend aufgerufenen Preis bezahlt.
Hilfreicher ist es daher, sich bewusst zu machen, dass „Qualität“ eine subjektive Wahrnehmung Ihrer Kunden ist. Die Messlatte sind einerseits die bekannten Eigenschaften bestehender Konkurrenzangebote im jeweiligen Preis-/Marktsegment und andererseits Ihr eigenes Leistungsversprechen als Anbieter.
Nehmen wir das Beispiel Hotel: Wenn die Suiten Ihrer Wettbewerber auch einen Butler-Service haben, dann sind es die Qualitätsansprüche Ihrer Kunden, die über den Vergleich der Angebote entscheiden. Haben Ihre Konkurrenten keinen, dann handelt es sich um eine Qualitätsführerschaftsstrategie.
Positionierung im B2C: Was versteht Ihr Kunde unter „Qualität“?
Der Qualitätsanspruch Ihrer Kunden ist nicht statisch, sondern passt sich ständig an: Heute überraschen Sie den Kunden positiv mit Ihrem Angebot, das er so nicht erwartet hat. Aber morgen kennt er dieses Angebot bereits und es wird für ihn zum Standard. Man müsste sich etwas Neues einfallen lassen, um ihn wieder positiv zu überraschen. Apple kann ein Lied davon singen!
Unabhängig vom Verhalten der Wettbewerber und dem eigenen Leistungsversprechen gibt es nicht selten einen Mindeststandard an Leistung, den der Kunde in jedem Fall mit einem Produkt verbindet – und zwar unabhängig vom Preis. Die Basismerkmale.
Am Beispiel des Restaurants mit Bioprodukten wird deutlich: Die Gäste erwarten, dass das Fleisch frisch ist und der Koch weiß, wie man ein Steak medium brät – egal, ob das Fleisch von einer glücklichen Kuh stammt oder nicht.
Hinsichtlich der Mindestnormleistung sieht die Realität in vielen Bereichen meines Erachtens eher düster aus:
Unqualifizierte Hilfskräfte, ungeschulte und unaufmerksame Bedienungen in Restaurants, Elektrogeräte, deren Einzelteile nach Ablauf der Garantiezeit immer schneller zerfallen, schlecht genähte Kleidung aus minderwertigen Materialien, die schon nach kurzem Tragen auseinanderfällt und vieles mehr sind bittere Realität.
Auch Produkte im Hochpreissegment bilden oft keine Ausnahme. Wie sehen Sie das? Zeichne ich ein zu düsteres Bild?
Es scheint heute eher die Ausnahme zu sein, dass ein Anbieter die Mindestanforderungen der Verbraucher an sein Produkt erfüllt. Wer dann auch noch sicher und zuverlässig liefert, was er verspricht, hat aus Sicht vieler Kunden bereits ein Alleinstellungsmerkmal.
Vor diesem Hintergrund rate ich Ihnen, Ihr Qualitätsversprechen bescheidener und realistischer zu formulieren. Ich rate Ihnen davon ab, eine Strategie der Qualitätsführerschaft werbewirksam zu vermarkten. Denn damit wecken Sie bei Ihren Kunden hohe Erwartungen und schaffen sich selbst eine unnötig hohe Hürde, über die Sie dann stolpern könnten.
Für wen eignet sich eine Positionierung als Qualitätsführer im B2C? Meiner Meinung nach zu Ihnen, wenn Sie jemand sind, der Spaß an Veränderungen hat und gerne kreativ neue Ideen und Produkte ausprobiert.
Wenn Sie jemand sind, der an Bewährtem festhalten will oder der Meinung ist, dass er den Markt/Kunden schon lange in- und auswendig kennt und der Meinung ist, dass es so und so funktioniert, sollten Sie diese Strategie m. E. nicht anstreben.
Kostenführerschaft-Strategie
Es gibt sozial Schwache. Diese müssen auf ihre Ausgaben achten. Es geht um den absoluten Betrag in Euro. Diese Konsumenten müssen notgedrungen „geizig“ sein, weil sie keine andere Wahl haben.
Es gibt auch geizige Menschen, die einfach nicht gerne Geld ausgeben. Wenn sich Ihr Produkt an diese oder ähnliche Zielgruppen richtet, ist eine Kostenführerschaftsstrategie durchaus angebracht.
Für wen eignet sich eine Positionierung als Kostenführer im B2C? Meiner Meinung nach, wenn Sie jemand sind, der Spaß am Feilschen hat. Wenn Sie Preisverhandlungen mit Ihren Lieferanten eher als „sportlichen Ehrgeiz“ betrachten und auch kein Problem damit haben, wenn Ihr Kunde mit Ihnen feilscht.
Sie sind eher ein Unternehmer, der die reine Funktionalität eines Produktes in den Vordergrund stellt und auf teuren Schnickschnack verzichten möchte.
Es herrscht die Meinung vor, dass der deutsche Verbraucher grundsätzlich eine sehr ausgeprägte Geiz-ist-geil-Mentalität hat. Früher habe ich das selbst so gesehen. Inzwischen sehe ich das aber differenzierter.
Positionierung im B2C: „Smart Shopper“ ist nicht unbedingt geizig!
Das Einkaufsverhalten sehr vieler Konsumenten, die Sie vielleicht der Geiz-Fraktion zuordnen, würde ich eher als „Smart Shopper“ bezeichnen. Das Gabler Wirtschaftslexikon definiert den Smart Shopper wie folgt:
Qualitätsbewusster, informierter Käufer, der maximale Qualität zu niedrigstem Preis nachfragt. Die Smartheit resultiert aus zunehmendem Wissen über Preise und Leistungen mit dem Ziel einer Bescheidenheit auf höchstem Niveau.
Die Motivation der Smart Shopper, auf die Kosten zu achten, ist weder Geldmangel noch Geiz. Sie geben (viel) Geld aus, wollen aber nicht mehr als nötig für ein Produkt ausgeben.
Verlagerung der Produktion in Billiglohnländer, Zeit- und Leiharbeiter statt langjährig eingespielter Fachkräfte, Kosteneinsparungen vor allem durch Personalabbau: Betrachtet man die typischen Ansätze der Anbieter, ihre Kosten niedrig zu halten, ist es kein Wunder, dass ihre Strategien bei dieser so wichtigen Zielgruppe ins Leere laufen. Denn Qualität ist für sie nach wie vor ein Muss und wird dadurch vernachlässigt.
Zeitführerschaft-Strategie
Normalerweise wird der Begriff verwendet, wenn Ihr Unternehmen danach strebt, immer der Erste zu sein, der ein Produkt auf den Markt bringt. Dies ist jedoch nicht der Aspekt, den ich hier in erster Linie behandeln möchte. Ich beginne mit einem Fallbeispiel.
In meiner Einkaufsstraße gab es im Umkreis von 50 Metern zwei direkt konkurrierende Lebensmittelgeschäfte im gehobenen Segment. Nennen wir sie der Einfachheit halber „A“ und „B“.
A lag deutlich näher am Parkhaus. A hatte eine deutlich bessere Produktvielfalt, z. B. ein recht gutes Weinsortiment. Auch die Gestaltung der Ladenfläche war m.E. bei A deutlich besser gelungen. Die Preise waren bei A etwas höher, aber nicht so hoch, dass es für die anvisierte Zielgruppe ins Gewicht gefallen wäre. Zumal die Produktqualität bei A etwas besser war. Allerdings hatte A kaum Kunden und musste vor kurzem schließen, während das Geschäft bei B weiterhin floriert.
Über den Grund, warum die Kunden von A weggeblieben sind, kann ich als Außenstehender letztlich nur spekulieren. Es würde mich aber nicht wundern, wenn es derselbe Grund wäre, aus dem ich selbst nur ungern dort einkaufe:
Egal an welchem Wochentag und zu welcher Tageszeit, ich musste überall warten, weil kaum jemand da war! Ich habe nur 10 Kunden im Laden gesehen, die alle entweder vor der Fleischtheke anstanden, bis jemand kam, oder an der einzigen offenen Kasse Schlange standen. Was nützt einem ein gutes Weinsortiment, wenn man keinen Mitarbeiter findet, der einen berät?
Sie würden diese und ähnliche Themen vielleicht der (Service-)Qualität eines Unternehmens zuordnen. Ich verstehe die Logik, aber ich glaube nicht, dass das wirklich zutrifft.
Positionierung im B2C: Warten nervt!
- Das Warten auf einen Handwerker, für den man sich notgedrungen einen Tag Urlaub nehmen musste, weil er keinen konkreten Termin vereinbaren konnte/wollte,
- die mangelnde Termintreue von Lieferanten bei der Lieferung von Waren,
- das Warten auf Bedienung oder Bezahlung usw.
haben eines gemeinsam: Man fühlt sich als Kunde fremdbestimmt und zum Warten gezwungen.
Das moderne Leben ist schnell und hektisch. Zeit ist ein sehr knappes und kostbares Gut geworden. Wahrscheinlich reagieren wir deshalb so sensibel, wenn wir das Gefühl haben, dass jemand unsere Zeit „stiehlt“. Zumal im Erziehungskanon vieler Eltern fest verankert ist: Es ist unhöflich, andere warten zu lassen.
Der Grund, warum ich diesen Themenbereich separat betrachte und nicht unter Servicequalität subsumiere, ist, dass es nicht selten technische Lösungen gibt, die ganz ohne Service auskommen. Beispielsweise kommt eine Kasse, die vollautomatisch die Waren im Einkaufswagen erkennt und den Betrag direkt über das Smartphone abbucht, ohne Service aus und Ihr Kunde muss nicht warten.
Mit anderen Worten: Wenn Ihr schlecht gelauntes Verkaufspersonal im hinteren Teil des Ladens Waren hin- und herschiebt, anstatt die Kunden im vorderen Teil zu bedienen, dann bleiben die Kunden wegen des schlechten Services weg. Wenn Ihre freundliche und gut informierte Verkäuferin einen Kunden bedient, während sich eine lange Warteschlange gebildet hat, dann bleiben die Kunden weg, weil sie ihre Zeit in Ihrem Geschäft verschwendet haben.
Noch einmal anders ausgedrückt: Diese Themen haben mehr mit Ressourcenmanagement als mit Qualitätsmanagement zu tun!
Spricht man mit Unternehmen über diese Problematik, kommt meist der Einwand, man brauche mehr Umsatz, um sich mehr Service- und Verkaufspersonal leisten zu können. Das ist leider eine absurde Verdrehung der Logik.
Der fehlende Umsatz ist vielmehr auf eine fehlende Marketingstrategie und/oder eine falsche Produkt-/Preispolitik und/oder eine falsche Standortpolitik zurückzuführen. Diese Versäumnisse können Sie nicht dadurch ausgleichen, dass Sie einen weiteren Fehler oben drauf packen!
Der Parameter „Zeit“ ist meines Erachtens genau der Grund, warum der Einzelhandel in großem Umfang Kunden an Amazon verloren hat und weiter verlieren wird. Ich halte Amazon derzeit für den Weltmeister in der Strategie der Zeitführerschaft nach meiner obigen Definition.
Sollte eines Tages ein Großkonzern vom Schlage eines Amazon das deutsche Handwerk für sich entdecken, wird es für diesen Berufsstand, der aus vielen Kleinstbetrieben besteht, ein ähnlich böses Erwachen geben. Ein Berufsstand, der nach wie vor nicht in der Lage ist, die einfachste und banalste Kundenanforderung zu erfüllen: eine feste Zeit zu vereinbaren und pünktlich zum Termin zu erscheinen. Ausnahmen bestätigen die Regel.
Für wen eignet sich eine Positionierung als Zeitführer im B2C? Meiner Meinung nach zu jemandem, der Spaß daran hat, Ressourcen zu planen, Prozesse zu definieren und diese kontinuierlich zu optimieren.
In zwei nachfolgenden Beiträgen “Positionierung im Firmenkundengeschäft” und „Magisches Dreieck & Unternehmenspositionierung (B2B)“ gehe ich auf die Besonderheit der Positionierung im Firmenkundengeschäft ein.
2 Kommentare zu „Magisches Dreieck & Ansätze der Positionierung im B2C“
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