Positionierung im Firmenkundengeschäft: Worin unterscheidet sich das Verhalten des „Mandatsentscheiders“ von dem des „autonomen Entscheiders“?
Wenn es um strategisches Marketing und die Festlegung einer Strategie zur Positionierung im Firmenkundengeschäft geht, unterscheidet man typischerweise zwischen dem Privatkundengeschäft (B2C) und dem Firmenkundengeschäft (B2B).
Im Beitrag „Magisches Dreieck & Unternehmenspositionierung (B2C)“ ging es um das Privatkundengeschäft. In diesem Beitrag beleuchte ich die Besonderheit der Positionierung im Firmenkundengeschäft.
Was unterscheidet das Einkaufsverhalten der B2B-Kunden von B2C-Kunden?
Zum B2C-Geschäft zählt man in aller Regel die Endverbraucher als Zielgruppe und man meint in der Regel Produkte und Dienstleistungen, die für die Privatperson selbst bestimmt sind.
Zum B2B-Geschäft zählt man meist Produkte und Dienstleistungen, die im geschäftlichen Betrieb benötigt werden. Zur Zielgruppe zählt man neben im Handelsregister eingetragene Firmen somit nicht selten auch wirtschaftlich selbstständige, Gewerbetreibende, Handwerker o. Ä.
Wenn es jedoch um das Thema Positionierung im Firmenkundengeschäft geht, glaube ich nicht, dass diese Aufteilung zielführend ist. M. E. ist eine andere Gegenüberstellung zielführender, für die ich die Platzhalterbegriffe „autonomer Entscheider“ und „Mandatsentscheider“ verwende.
Autonome Entscheider legen selbstständig fest, was sie wofür ausgeben wollen. Und sie können intuitiv von den zuvor aufgestellten Kriterien abweichen.
Diese Definition trifft somit nicht nur auf die Privatperson im B2C-Geschäft zu, sondern z. B. auch auf den Selbstständigen.
Und genauso auch auf den alleingeschäftsführenden Inhaber eines Unternehmens mit zig Mitarbeitern!
Mandatsentscheider hingegen haben implizite oder explizite Vorgaben und entscheiden anhand dessen. Sie stehen jemand anderem für ihre Entscheidungen Rede und Antwort.
Das ist m. E. die eigentliche Besonderheit, wenn es um eine Positionierung im Firmenkundengeschäft handelt.
Mandatsentscheider sind i. d. R. Linienverantwortliche in Unternehmen: Leiter Produktion, Vertrieb, Personal, Marketing, Buchhaltung, …, aber auch Mitarbeiter im zentralen Einkauf. Firmenkunde ist somit nicht gleich Firmenkunde. Produkteinkäufer ist nicht gleich Produkteinkäufer:
Im Firmenkundengeschäft im engeren Sinne (B2B i.e.S.) ist der Verkäufer konfrontiert mit Mandatsentscheidern als Einkäufer.
Warum ist diese Unterscheidung wichtig?
Zielt das Produkt des Anbieters unmittelbar auf den autonomen Entscheider des Unternehmens, quasi auf den „big boss“, ist es letztlich nicht viel anders als im B2C-Geschäft auch.
Wenn Positionierungsgurus heutzutage für eine bedürfnisorientierte und emotionale Positionierung auch im Firmenkundengeschäft plädieren, haben sie i. d. R. einen autonomen Entscheider vor Augen. Die Beispiele in ihren Büchern und Fachbeiträgen drehen sich somit um Interaktionen mit dem big boss.
Ja, gegenüber autonomen Entscheidern funktioniert diese Positionierungsstrategie durchaus und ist in der Tat auch meine erste Wahl. Auf den autonomen Entscheider kann man sich als Verkäufer einstellen. Man kann heraushören, ob er primär auf Qualität, Kosten oder Zeit Wert legt und die eigene Verkaufsstrategie entsprechend anpassen.
Alternativ kann man sich als Anbieter auf einen dieser Parameter spezialisieren und durch eine adäquate Inbound-Marketingstrategie sicherstellen, dass man von den dazu passenden Kunden gefunden wird.
Die Positionierung im Firmenkundengeschäft im engeren Sinne
Im B2B i. e. S. funktioniert diese Strategie m. E. leider nur sehr bedingt. Sicher, auch der Mandatsentscheider hat eine persönliche Vorliebe und er trifft unbewusst eine emotionale Entscheidung. Aber er benötigt in aller Regel eine rationale Unterfütterung, um bei Bedarf dritten gegenüber rechtfertigen zu können, dass er alle drei Faktoren ausreichend berücksichtigt hat.
Denn ein Kunden-Unternehmen besteht nicht selten aus unterschiedlichen „Fraktionen“ mit gegensätzlichen Interessen und Bedürfnissen. Das unterscheidet das Einkaufsverhalten des Mandatsentscheiders gravierend von dem des autonomen Entscheiders. Plakativ formuliert:
Die eigentliche Zielscheibe, auf die man als Lieferant zielen müsste, ist nicht notwendigerweise identisch mit der, die einem präsentiert wird!
Folgende Empfehlungen möchte ich daher für Ihr B2B i. e. S. aussprechen:
1. Know your customer!
Um herausfinden zu können, wie der Firmenkunde „unterm Strich“ tickt, muss man wissen, welche Fraktionen im Unternehmen welches Spiel spielen. Dafür darf man es nicht bei Produktverkaufsgesprächen belassen, sondern man muss weiterführende Fragen stellen und den Subtext deuten.
Wenn man ein namenloser Me-too-Lieferant für den Kunden ist, dann kennt man leider meist nur den einen oder anderen direkten Ansprechpartner im Kundenunternehmen und man muss sich wohl oder übel damit begnügen, aus deren Antworten/ Erzählungen Rückschlüsse zu ziehen.
Aber ich bin immer wieder überrascht, wie viele Vertriebs-/ Kundenverantwortliche nur ihre wenigen Hauptansprechpartner kennen – auch dann, wenn es sich um ihren Schlüsselkunden handelt und sie sogar zu den Hauptlieferanten des Unternehmens zählen.
Scheidet der Hauptansprechpartner aus dem Unternehmen aus, oder verschieben sich die internen Anforderungen und Machtverhältnisse, dann steht das Geschäftsverhältnis auf den Prüfstand und der Lieferant bekommt das ggf. noch nicht einmal mit. Er wundert sich eines Tages über ausbleibende Aufträge.
Meine Empfehlung ist: Werden Sie kreativ darin, so viele Schlüsselpersonen im Unternehmen wie nur möglich kennenzulernen und halten Sie lose den Kontakt. Ganz gleich, ob sie unmittelbar in die Einkaufsentscheidung involviert sind oder nicht.
Bieten Sie beispielsweise an, einen Fachvortrag abzuhalten, um die Trends Ihrer Branche und ihre möglichen Auswirkungen auf Ihr Kundenunternehmen zu verdeutlichen.
Achten Sie dabei darauf, worauf die Ihnen unbekannten Personen achten und welche Fragen sie stellen. Achten Sie darauf, was Ihr Produkt für eine Reputation im Unternehmen hat und was „man“ sich davon verspricht. Damit kommen wir zum nächsten Punkt:
2. Betreiben Sie Erwartungsmanagement!
Ich bin immer wieder überrascht, wie wenig die Präsentatoren auf „Empfang“ geschaltet sind, um besser zu verstehen, was der Kunde wirklich will. Sei es damals in meiner Rolle als GF eines Großhandelsunternehmens mit hunderten Lieferanten, oder heute, wenn ich im Auftrag meiner Firmenkunden eine Ausschreibung mache.
Das Problem ist nicht nur, dass viele Verkäufer die ganze Zeit auf „Sendung“ sind, sondern auch, dass Marketing-Sprech überhandgenommen hat. Das eigene Produkt in Superlativen zu beschreiben, ist normal geworden.
Ich rate Unternehmen dazu, weniger zu erklären, was sie alles können, sondern stattdessen zu verstehen versuchen, was der Kunde mit dem Kauf bewirken will, um anschließend realistisch zu formulieren, was das Produkt bzw. die Dienstleistung tatsächlich kann.
Im nächsten Beitrag “Magisches Dreieck & Unternehmens-Positionierung (B2B)” gehe ich detaillierter darauf ein. Ich werde anhand der drei Parameter des magischen Dreiecks – Qualität, Kosten, Zeit – die möglichen Strategien im Firmenkundengeschäft kritisch beleuchten.
2 Kommentare zu „Positionierung im Firmenkundengeschäft“
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