Die interne E-Mail-Kommunikation hat sich in fast allen Unternehmen zum Produktivitätskiller Nr. 1 entwickelt. Wie kann man das Problem in den Griff bekommen?
Die interne E-Mail-Kommunikation hat sich in fast allen Unternehmen zum Produktivitätskiller Nr. 1 entwickelt. Wie kann man das Problem in den Griff bekommen?

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Interne Kommunikation: Wie gelingt ein produktiver E-Mail-Austausch?

6 Min.

Die interne E-Mail-Kommunikation ist wohl in fast allen Unternehmen längst aus dem Ruder gelaufen und vermutlich zum Produktivitätskiller Nr. 1 avanciert. Wie bekommt man das Problem in den Griff?

Der Artikel im Harvard Business manager v. 6.7.21 „Der Fluch des geschriebenen Wortes“ von Antonia Götsch hat mich inspiriert, meinen ursprünglichen Beitrag v. 02.12.2013 zu aktualisieren.

Sicher kennen Sie solche oder ähnliche Situationen: Den halben ersten Tag nach dem Urlaub verbringen Sie damit, Ihre ungelesenen E-Mails durchzusehen?

Oder „dürfen“ Sie den belanglosen Ping-Pong-Austausch zwischen zwei Kollegen mit der halben Firma als CC-Empfänger live verfolgen?

Oder versuchen Sie sich mühsam einen Reim auf die kryptischen oder ellenlangen E-Mails zu machen, die Sie kommentarlos erhalten?

Wie können Sie als Arbeitgeber Ihre interne (E-Mail-) Kommunikation optimieren?

Meines Erachtens gibt es drei wichtige Ansatzpunkte für Sie als Arbeitgeber, um die interne Kommunikation zu optimieren:

den Kontext einer Nachricht einführen/anfragen

Eine der wichtigsten Variablen für erfolgreiche Kommunikation ist meiner Meinung nach der Kontext.

Kontext bezeichnet in der Sprachwissenschaft sowie in der Kommunikationstheorie, alle Elemente einer Kommunikationssituation, die das Verständnis einer Äußerung mitbestimmen, also den für die jeweilige Sprechsituation bestehenden „Zusammenhang der Verwendung eines Wortes“. Darüber hinaus bezeichnet Kontext generell den Zusammenhang, in dem eine Äußerung, eine Handlung oder generell ein Signal zu verstehen ist.

de.wikipedia.org

Fehlt er, neigt man dazu, den eigenen Kontext in die Aussage des anderen hineinzuinterpretieren. Bei Interesse wird auch dieses Phänomen in meinem Online-Kurs „Der Beobachter und seine Wirklichkeit“ behandelt.

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Gemeinsam Ziele erreichen: Es ist schwer, sich mit anderen über das eigentliche Problem und die richtige Lösung zu verständigen! Darum geht es im Online-Kurs „Der Beobachter und seine Wirklichkeit

Interne oder externe Kommunikation, wann immer Sie (schriftlich) kommunizieren, versuchen Sie daher, nicht Ihren eigenen Kontext in die Aussagen Ihres Gegenübers hineinzuinterpretieren, sondern im Zweifelsfall lieber noch einmal nachzufragen, um sicherzugehen.

Und nehmen Sie sich die Zeit, den Kontext Ihrer Botschaft ausreichend zu vermitteln: Von welchen Grundannahmen gehen Sie aus? Welche Prämissen liegen Ihrer Schlussfolgerung zugrunde? Dies erleichtert es Ihrem Gegenüber, Ihre Schlussfolgerung nachzuvollziehen.

Dadurch wird der Text bzw. die Aussage zwangsläufig länger.

Das Problem dabei: Es entspricht nicht dem Zeitgeist! Nicht nur in der internen Kommunikation lautet die implizite und explizite Aufforderung immer und überall: „Ich habe keine Zeit oder will mir keine Zeit nehmen, fassen Sie sich kurz“.

Dazu tragen insbesondere die Vorgesetzten selbst bei. Dies vorausgeschickt, lautet meine Empfehlung: Führen Sie in Ihrer internen Kommunikation offiziell ein: Kontext ist ausdrücklich erwünscht. Und gehen Sie mit gutem Beispiel voran.

Als Faustregel gilt: Die Zeit, die Sie benötigen, um den Kontext einzugeben oder zu lesen, ist nur ein Bruchteil der Zeit, die das unproduktive Pingpong-Spiel aufgrund des Fehlers kostet.

2. das Handwerkszeug für eine erfolgreiche interne Kommunikation zu erlernen

Nur weil man als kleines Kind gelernt hat zu sprechen, heißt das noch lange nicht, dass man weiß, worauf es bei der Kommunikation ankommt.

Die vier Seiten einer Botschaft als Sender

Fangen wir mit dem Problem an: Jede Nachricht zwischen Ihnen als Sender und Ihrem Empfänger enthält – gewollt oder ungewollt – vier Ebenen/Sendekanäle:

  1. Die Sachinformation auf der Sachebene: Worüber Sie informieren.
  2. Die Selbstkundgabe auf der Selbstoffenbarungsebene: Was Sie von sich preisgeben.
  3. Der Beziehungshinweis auf der Beziehungsebene: Was Sie vom Empfänger halten und wie Sie zu ihm stehen.
  4. Der Appell auf der Appellebene: Was Sie beim Empfänger erreichen wollen.

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Wenn Sie sich zum Thema “Fallstricke in der Kommunikation” weiterbilden oder Ihr Wissen auffrischen möchten, besuchen Sie meinen Online-Kurs „Die vier Seiten der Kommunikation“.

Die vier Seiten einer Botschaft als Empfänger

Leider finden viele Menschen nicht die richtigen Worte, um die Botschaft auf der Sachebene adäquat zu vermitteln. Dennoch neigen wir dazu, Worte buchstäblich auf die Goldwaage zu legen. Sie auch? Missverständnisse und Fehlkommunikation sind die Folge.

Wenn die Sachebene keinen Sinn ergibt, suchen wir automatisch auf der Beziehungsebene nach Sinn. Auf dieser Ebene finden Menschen viel seltener die richtigen Worte, um ihre Emotionen und Wünsche richtig zu transportieren! Die Folge: Schuldzuweisungen, Wut, Enttäuschung und Beziehungsabbruch.

Sie können lernen, das (vermeintlich) Gehörte/Gelesene ein Stück weit beiseite zu lassen und stattdessen herauszufinden, über welchen Kanal der Sender welche Information wirklich senden wollte. So vermeiden Sie Missverständnisse.

Wenn Sie interessiert sind, mein Online-Kurs „Die vier Seiten der Kommunikation“ behandelt auch dieses Thema.

Logische Schlussfolgerungen ziehen & überzeugend argumentieren

Wenn sich beispielsweise zwei Kollegen in der internen Kommunikation über die richtige Marketingstrategie streiten, tun sie in der Regel so, als ginge es nur um die Sache. In Wirklichkeit sind es aber wahrscheinlich nur unreflektierte Meinungen, mit denen sie um sich werfen.

Wenn Sie als Arbeitgeber sicherstellen wollen, dass es in Ihrer internen Kommunikation „um die Sache“ geht, dann brauchen Sie und Ihre Mitarbeitenden das entsprechende Handwerkszeug. Zum Beispiel die Fähigkeit:

  • Ein Argument so (logisch) zu formulieren, dass es auch dann noch überzeugt, wenn sich Ihr Gegenüber in ein stilles Kämmerlein zurückzieht und es in aller Ruhe „zerpflückt“.
  • Zu wissen, wann man es argumentativ mit Wahrheiten und wann mit Wahrscheinlichkeiten zu tun hat, wie man sie formuliert und wie man sie analysiert.
  • Wie man die drei häufigsten Schlussfolgerungen formuliert und analysiert.

In meinem Online-Kurs „Logisch schlussfolgern & überzeugend argumentieren“ erhalten Sie und Ihre Mitarbeitenden dazu eine kompakte Einführung in das „Kritische Denken“.

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Wenn Sie Ihre Kenntnisse im Bereich des kritischen Denkens vertiefen oder auffrischen möchten, besuchen Sie meinen Online-Kurs „Logisch schlussfolgern, überzeugend argumentieren“.

3. Organisatorische Rahmenbedingungen für eine erfolgreiche interne Kommunikation

Stellen Sie sich vor, ein Unternehmen überlässt die Organisation der Dokumentenablage jedem Mitarbeiter selbst. Dann legt der eine oder andere vielleicht alle Dokumente mit nichtssagenden Dokumentnamen direkt auf dem C-Laufwerk ab! Das Chaos ist vorprogrammiert.

Aus offensichtlichen Gründen ist es nicht sinnvoll, das Thema auf diese Weise anzugehen. Deshalb hat sicher auch Ihr Unternehmen einheitliche und verbindliche Regeln eingeführt, wie die Ablage organisiert ist und nach welchem System die Dokumente bezeichnet werden dürfen.

Die Organisation der internen Kommunikation per E-Mail folgt der gleichen Logik. Auch hier braucht Ihr Unternehmen einheitliche und verbindliche Regeln. Zum Beispiel:

  • Welche Regeln gelten für die Gestaltung der Betreffzeile?
  • Wann gilt in Ihrer E-Mail-Kommunikation ein Stil analog zu einem Briefwechsel?
    • Und wann gilt ein Stil analog zu einem Chat-Austausch?
  • Welche Rechte und Pflichten haben Sie als „An“-Empfänger?
  • Wen dürfen Sie wann als CC-Empfänger angeben?
  • Welche Informationen sollten in Ihrer E-Mail unbedingt enthalten sein und an welcher Stelle?

Wenn Sie interessiert sind, finden Sie in meinem E-Book „Produktiv zusammenarbeiten – offline oder online“ praktische Hinweise, wie Sie einen solchen Veränderungsprozess einleiten können.  

Buch-Cover Produktiv zusammenarbeiten

Offline/online: Welchen Einfluss haben konzeptionelle Faktoren auf die Mitarbeiter-Produktivität? Welche Rolle spielt es dabei, wie viele Stunden/Woche der Mitarbeiter für das Unternehmen arbeitet?


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Um Ihre Prozesse & den Faktor Mensch in den Griff zu bekommen und Ihre Wirtschaftlichkeit nachhaltig zu steigern, benötigen Sie ein gutes Gespür für die Zusammenhänge der einzelnen Themen. In dem Beitrag “Menschen, nicht Software, optimieren Prozesse!” habe ich deshalb für Sie visualisiert, wie die Themen meiner bisherigen Fachbeiträge und Publikationen zusammenhängen. Schauen Sie doch mal rein!

Kommentare

4 Kommentare zu „Interne Kommunikation: Wie gelingt ein produktiver E-Mail-Austausch?“

  1. Wann immer eine neue Technik in den Büroetagen Einzug nahm und jeder sie nach belieben und kostenlos verwenden dürfte, war der unsinnige Umgang mit dieser Technik vorprogrammiert.
    Ein Beispiel:
    Als man versuchte den Büroboten durch eine Rohrpostanlage zu ersetzen, mußten man erkennen, dass nicht nur Post sondern viele andere Gegenstände damit befördert werden. Plötzlich war die Anlage zur Beförderung von Zigaretten, Schreibmaterial, Bierflachen und allerlei Scherze unter den Kollegen missbraucht worden. Die Anzahl der hin und her geschickten Sendungen stieg auch um das vielfache, gegenüber der Anzahl welche der Bürobote früher transportiert hätte. Die Erleichterung der Kommunikation machte so eine Anlage zum Selbstzweck bis der letzte Chef es auch noch einsah, dass er hier einen Riegel vorzuschieben hat.
    Zur Gegenwart:
    Ein Freund von mir war Krankheitsbedingt 4 – 5 Wochen ausgefallen. In seinem Postfach sammelten sich mehr als 1000 emails.
    Als er wieder zur Arbeit kam, las er davon nicht eine einzige email sondern kopierte sie alle in einem extra Ordner und wartete ab wer sich nochmal meldet.
    Es waren ganze 5 Themen bzw. emails, weswegen er nochmal angeschrieben wurde.

    1. Ihr Beispiel mit Ihrem Freund der seine Emails ungelesen archivierte läßt vermuten, dass er sich mit unwesentliche Sachverhalte beschäftigt.
      Wäre er beispielsweise für die Sicherheit von Mitarbeitern, Anlagen oder Maschinen verantwortlich, könnte er keine einzige seiner Emails ungelesen archivieren, damit es nicht zu einem Schadensfall oder Eklat kommt.

      1. Eine berechtigte Vermutung! Durch einfachste organisatorische Maßnahmen lässt sich das Problem auf ein Minimum reduzieren. Wenn …:

        • … die Abläufe und Zuständigkeiten klar geregelt sind, so dass man recht sicher davon ausgehen kann: Wenn ich als An-Empfänger eine interne E-Mail erhalte, dann hat es auch einen berechtigten Grund.
        • … die Betreff-Zeile so gestaltet ist, dass beim Überfliegen bereits klar ist, wovon der Inhalt handelt und wie dringlich das Thema ist.
        • … eine hinterlegte Abwesenheitsnotiz die Absender darauf hinweist, dass sie die Vertretung XY bei diesem und jenem Thema kontaktieren sollen.
        • U. v. m.

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