Als Arbeitgeber möchten Sie ein Coaching für Ihren Mitarbeiter. Wissen Sie, was im Vorfeld geklärt werden sollte, damit am Ende das herauskommt, was Sie sich erhofft hatten?
Als Arbeitgeber möchten Sie ein Coaching für Ihren Mitarbeiter. Wissen Sie, was im Vorfeld geklärt werden sollte, damit am Ende das herauskommt, was Sie sich erhofft hatten?

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Vom Arbeit­geber bezahltes Coaching versus Business Coaching

9 Min.

Als Arbeitgeber möchten Sie ein Business Coaching für Ihren Mitarbeiter. Wissen Sie, was im Vorfeld geklärt werden sollte, damit am Ende das herauskommt, was Sie sich erhofft hatten?

Gelegentlich fragen Firmen gezielt nach Einzelcoachings für z. B. Führungskräfte (nachfolgend „Coachee“ genannt).

Einer der wichtigsten Fragen, die ich bei einem solchen potenziellen Auftrag kläre, ist, ob es sich um ein (Private) Coaching handelt, wofür der Arbeitgeber die Kosten übernehmen möchte, oder um ein Business Coaching!

Wenn ich mich mit Coach-Kollegen unterhalte, gewinne ich sehr oft den Eindruck, dass sie sogar bei einem Firmenkunden als Auftraggeber faktisch davon ausgehen, dass es sich um den erstgenannten Fall handelt. Insbesondere dann, wenn es sich um die Persönlichkeitsentwicklung des Coachee als Coaching-Thema handelt.

Ein vom Arbeitgeber bezahltes (Private) Coaching kommt aber m. E. recht selten vor. Tatsächlich handelt es sich in aller Regel um einen Business Coaching-Auftrag.

Nicht, dass Sie mich falsch verstehen: Mir geht es hier nicht um eine akademische Begriffsbestimmung, sondern um das, was tatsächlich den Unterschied ausmacht. Diesen möchte ich nachfolgend erläutern und die aus meiner Sicht gravierenden praktischen Konsequenzen für die Arbeit des Coachs und für mögliche Auswirkungen auf Ihr Unternehmen ansprechen.

Coaching

Bei einem vom Arbeitgeber bezahlten (Private) Coaching erfolgt die Dienstleistung im überwiegenden Interesse des Arbeitnehmers!

Ein vom Arbeitgeber bezahltes (Private) Coaching ist i. d. R. ein Incentive des Arbeitgebers. Ähnlich wie ein Reise- oder Einkaufsgutschein als z. B. Dankeschön-Geschenk für eine gute Leistung.

Zu dieser Kategorie zähle ich nicht nur Persönlichkeitsentwicklungsaufträge, sondern auch die Outplacement-Coachings!

Ich bin kein Steuerfachmann und bitte Sie diese Aussage mit Ihrem Steuerberater zu klären: In diesem Fall liegt wohl ein sogenannter geldwerter Vorteil vor. Die Kosten der Dienstleistung sind zu versteuern wie eine Abfindung.

Was bedeutet das für mich als Dienstleister?

Bei einem solchen Auftrag habe ich als Dienstleister kein Problem damit, das Thema zu behandeln, das allein der Coachee mir vorgibt. Und ich habe auch kein Problem damit, dass wir – Coach & Coachee – im Zuge des Coachingprozesses autonom zu einem anderen Thema übergehen.

Es spricht somit noch nicht einmal etwas dagegen, als Thema zu behandeln, ob der Coachee seinen Job kündigen sollte oder nicht! Denn er hat ein €-Budget als Zuwendung erhalten und kann damit machen, was er will!

Business Coaching

Bei einem Business Coaching-Auftrag erfolgt die Dienstleistung im überwiegenden Interesse des Unternehmens!

Worldwide Association of Business Coaches bringt das m. E. mit dieser Definition gut auf den Punkt:

»Der Prozess der regelmäßigen, strukturierten Konversation mit einem Kunden mit dem Ziel, das Bewusstsein und das Verhalten des Kunden zu verbessern, um Geschäftsziele sowohl für den Kunden als auch für seine Organisation zu erreichen. Für die Zwecke dieser Standards wird der Kunde definiert als: Eine Einzelperson oder ein Team innerhalb eines Unternehmens, einer gewinnorientierten oder gemeinnützigen Organisation, einer Institution oder einer Regierung, die Empfänger des Business-Coachings ist.«

»The process of engaging in regular, structured conversation with a client, with the goal of enhancing the client’s awareness and behavior so as to achieve business objectives for both the client and their organization. For the purposes of these standards, client is defined as: An individual or team who is within a business, profit or nonprofit organization, institution or government and who is the recipient of business coaching.«

wabccoaches.com

Bei einem Business Coaching-Auftrag hingegen kann man davon ausgehen, dass ein konkreter betrieblicher Anlass den Coaching-Bedarf ausgelöst hat …

… unabhängig davon, ob der Coachee selbst oder der Arbeitgeber den Coaching-Bedarf erkannt und das Coaching initiiert hat.

Sei es, um einer aktuellen Schwierigkeit beizukommen (z. B. ein Konflikt mit einem Kollegen oder mit dem Vorgesetzten),…

…oder eine künftige Herausforderung besser zu meistern (z. B. die anstehende erste Führungsverantwortung).

Auch wenn leider einige Arbeit- bzw. Auftraggeber zunächst vage bleiben (und dadurch ungewollt den Eindruck erwecken, dass es sich um ein (Private) Coaching handelt), meiner Erfahrung nach gibt es eigentlich immer eine ganz konkrete Erwartungshaltung, was sie sich von einem Coaching versprechen und daher bereit sind, dafür Geld auszugeben …

… und zwar unabhängig von der Frage, ob ihnen das Ergebnis des Coachings offengelegt werden soll oder nicht!

Was bedeutet ein Business Coaching-Auftrag für mich als Dienstleister?

Bei einem Business Coaching-Auftrag ist es daher essenziell, dass man sich in dem Dreiecksverhältnis Coach, Coachee und Auftrag- bzw. Arbeitgeber einig darüber ist, was das Thema ist!

Als Faustregel gilt: Je ehrlicher und gnadenloser Sie als Auftrag- bzw. Arbeitgeber die Karten offen legen, desto leichter kann der Auftrag erfolgreich umgesetzt werden.

Folgerichtig sollte der Coach auch bei diesem Thema bleiben. Sollte sich ein neues Thema auftun, bedarf es einer erneuten Auftragsklärung für das neue Thema!

Das bedeutet nicht, dass man als Coach mit angezogener Handbremse arbeiten muss. Es bedeutet lediglich, dass man sich darüber bewusst ist, dass man nicht einseitig und ohne Abstimmung mit dem Auftrag- bzw. Arbeitgeber den originären Grund des Auftrages ändern darf. Beispielhaft zur Verdeutlichung:

Coachee C soll demnächst die Leitung der Abteilung XY übernehmen. Mithilfe des Coachs soll er sich auf diese Aufgabe vorbereiten. (C hat vor Kurzem geheiratet und Nachwuchs bekommen.)

  • Es ist im Rahmen des Auftrages gut möglich, die Anforderungen dieser konkreten Position mit den vorhandenen Fertigkeiten und Fähigkeiten von C abzugleichen, um sich Gedanken zu machen, wie man einen möglichen Gap schließt …
     

    … aber im Coachingprozess der Frage nachzugehen, ob eine andere Tätigkeit nicht besser zu den identifizierten Stärken von C passt, ist eine einseitige Änderung des ursprünglichen Auftrages.

  • Die Frage zu behandeln, wie der Coachee durch Zeit- bzw. Stressmanagement o. Ä. die Bedürfnisse seiner Familie und die Anforderungen seines neuen Jobs unter einen Hut bekommen kann, ist vermutlich im Rahmen des Auftrages möglich, da eine ungeklärte Situation ihn belasten und von der Arbeit abhalten würde …
     

    … aber der Frage nachzugehen, wie er durch Teilzeit o. Ä. weniger Zeit für den Beruf aufbringen und dadurch mehr Zeit für die Familie haben kann, ist eine einseitige Änderung des ursprünglichen Auftrages.

Wie nimmt der Auftrag-/Arbeitgeber eine einseitige Änderung des ursprünglichen Auftrages wahr?

Mein Eindruck ist, dass mit Konzernen als Auftraggeber die Problematik weniger auffällt, denn Versetzungswünsche von Mitarbeitern o. Ä. sind an der Tagesordnung und fallen aufgrund der vielen Mitarbeiter weiter nicht auf. Und ich habe auch nicht den Eindruck, dass die beauftragenden Personen im zentralen Einkauf oder in der Personalabteilung sich berufen fühlen, nachträglich dieser Frage nachzugehen. Wie sehen Sie das?

In mittelständischen Firmen ist die Problematik aber sehr wohl brisant, denn dort gibt es i. d. R. keine Manövriermasse an offenen Stellen, die man zur Verfügung hätte, um individuelle Wünsche der Mitarbeiter zu berücksichtigen. Jeder Mitarbeiter besetzt eine konkrete Position und auch die kleinsten Nuancen einer Veränderung seiner Haltung und Einstellung zu seinem Job fallen auf und haben Auswirkungen.

Passend zu diesem Thema hat ein Geschäftsführer vor Kurzem mir am Rande einer Veranstaltung seine schlechten Erfahrungen mit seinem ersten (und ich befürchte auch letzten) Coaching-Auftrag wie folgt geschildert:

»Ich wollte zwei Abteilungsleitern mit dem Coaching etwas Gutes tun und ihnen helfen, dass sie ihr Job noch besser machen können. Nach dem Coaching hatte ich es aber mit zwei fordernden Menschen zutun, die von mir eine Anpassung ihrer Stellenbeschreibung an ihre Bedürfnisse forderten. Etwas, was ich aber aus betrieblichen Gründen weder wollte noch konnte. Am Ende hatte ich zwei demotivierte Leiter. Einer von ihnen hat zwischenzeitlich das Haus verlassen und der andere hat nie mehr zur alten Leistung zurückgefunden.«

Schriftliche Auftragsklärung ist ein Muss – aber nicht die alleinige Lösung!

Viele offene Fragen kann (und muss) man im Vorfeld klären. Genau dafür ist ja die Auftragsklärung gedacht. Dabei braucht man das Rad nicht neu zu erfinden, denn viele schlaue Köpfe haben im Laufe der Jahre Erfahrungen gesammelt, sich Gedanken gemacht, Fragen vorformuliert und Formulare entworfen.

Es ist aber damit nicht getan, die Liste der Auftragsklärungsfragen durchzugehen. In der Tat gehört eine Auftragsklärung als Business Coach zu den anspruchsvollsten Tätigkeiten, die ich je erlebt habe. Und das, obwohl es im internationalen Key Account Management schon immer zu meinem täglich Brot zählte, zwischen zwei oder mehreren Stühlen zu sitzen und unterschiedliche Interessen und Bedürfnisse in Einklang zu bringen.

Die Herausforderung sind all die offenen Punkte und Konfliktpotenziale, die zunächst unausgesprochen im Raum schweben. Dafür braucht man m. E. viel Erfahrung im Umgang mit Konfliktsituationen, Konfliktfähigkeit, viel Fingerspitzengefühl und eine gute Intuition.

Es fängt damit, an, dass der Business Coach selbstverständlich daran interessiert ist, auch künftig Aufträge von dieser Firma – seinem Kunden (!) – zu erhalten und die Firma dies nur dann macht, wenn das Coaching einen positiven Beitrag zum unternehmerischen Erfolg vorweist…

… aber ein Coaching nur dann erfolgreich funktionieren kann, wenn der Coachee dem Coach vertraut, sich ihm gegenüber öffnet und auch Themen zur Sprache kommen, die der Coachee nicht gerne mit dem Arbeitgeber teilen würde. Der Coachee muss somit sicher sein, dass der Coach nichts heimlich mit dem Auftraggeber abspricht.

Hinzu kommen alle Konfliktpotenziale, die z. B. dadurch entstehen, dass der Coachee das eigentliche Problem möglicherweise gar nicht bei sich sieht, sondern bei anderen. Oder die entstandenen Schwierigkeiten mit einem Coachee eine Folge des Habitus des Auftraggebers selbst sind, der vielleicht ein Coaching bräuchte! Oder wenn einer der Parteien den Coach dafür „missbrauchen“ möchte, die andere Partei zu manipulieren. Oder, oder …

Und last, not least, findet man nicht selten die Situation vor, dass der Coachee im Gespräch mit dem Auftraggeber eine ganz andere Information erhalten hat, warum ein Coaching stattfinden soll, als die Information, die der Coach vom Auftraggeber erhält!

Nachträgliche Änderung des ursprünglichen Auftrages

Ich glaube nicht, dass man eine klare Grenze definieren kann, wann eine erneute Auftragsklärung benötigt wird. Denn die Bewertung, was im Rahmen des ursprünglichen Auftrages autonom möglich ist und was nicht, ist manchmal eine rein subjektive Wahrnehmung. Jeder Business Coach hat seine eigene Methode, wie er mit der Notwendigkeit eines Themenwechsels umgeht.

Mein Angebot an Sie:

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Kommentare

3 Kommentare zu „Vom Arbeit­geber bezahltes Coaching versus Business Coaching“

  1. Der Auftraggeber wird sicherlich früher oder später aus seinen Fehlern lernen und beim nächsten Auftrag vorher genauere Absprachen mit seinem Mitarbeiter und dem Coach treffen.
    Vielleicht kommt es bei dem einen oder anderen AG das “nie wieder” vor, genauso wie: “Nie wieder die Automarke xy” oder “nie wieder Urlaub in dem Land”.
    Sicherlich ist das Hinterfragen der Coachings-Ziele seitens des Coaches hilfreich. Ob seine Beratung im Vorfeld angenommen wird, bleibt trotzdem fraglich.

  2. Grundsätzlich ist eine schwammige Auftragserteilung hauptsächlich das Problem des Auftraggebers und kein Problem des Auftragnehmers.
    -In unserem Fall der Coach-
    Vergleichen wir die Auftragserteilung an einem Coach mit der oft praktizierten Essensbestellung in einem Restaurant wenn der Gast, oder der einladende Gast, sagt:
    “Machen sie uns bitte eine schöne gemischte Vorspeisenplatte für 4 Personen”
    und auf weitere Nachfragen des Kellners bzw. die Auftragsklärungen nicht mehr eingehen möchte.
    Im besten Fall bekommt er die Speisen welche dem Koch am besten schmecken und im schlimmsten Fall die Speisen die bald hätten entsorgt werden müssen.

    1. Das stimmt durchaus was Sie sagen, aber die Feststellung löst ja das Problem nicht! Kein Auftraggeber möchte, dass es schief läuft, sondern es läuft schief, wenn keine Aufmerksamkeit auf mögliche Gründe gerichtet ist. Ich fasse die Punkte unter Verwendung Ihrer guten Analogie zusammen:

      Wir haben es hier mit einer Firma zutun, die einen Gast ins Restaurant schickt und die Rechnung dafür übernimmt.

      Der Gastronom, der i. d. R. nur Laufkundschaft hat, macht sich wenig Gedanken darüber, was die Firma damit bezweckt. Je nach Gastronom-Typ wird er entweder denken
      »es ist mir wumpe, wer die Rechnung zahlt, denn allein zählt, dass der Gast zufrieden ist« oder denken
      »oh toll, dann kann ich ja die teueren Weine anbieten«. Wenn die Firma nicht zufrieden war und keine weiteren Gäste vorbeischickt, fällt das auch weiter nicht auf.

      Der Gastronom, der die Firma als Kunden wahrnimmt – weil die Führungskräfte seit Jahren selbst vorbei kommen und auch Gäste vorbeischicken – wird sich mit der Firma austauschen und die Wünsche erfragen. Angenommen die Firma antwortet: »Es ist ein ausländischer Gast und wir wollen, dass er die deutsche Küche kennenlernt«.

      In diesem Fall findet möglicherweise zweierlei statt: Dem Auftraggeber gegenüber die Beratung: »Ihre Idee ist gut, aber Schweinesülze fest vorzugeben, ist keine gute Lösung. Denn das ist nicht jedermanns Sache und es ist Ihnen ja wichtig, dass der Gast sich auch wohlfühlt«. Und gegenüber dem Gast: »Nein, Sushi können sie auf Rechnung der Firma nicht haben, weil die Firma das Angebot auf „deutsche Küche“ begrenzt hat.

      Und eine subjektive Beurteilung findet dann statt, wenn der Gast „Wiener Schnitzel“ haben möchte und der Gastronom entscheiden muss, ob das Gericht als „deutsche Küche“ durchgeht oder nicht :-)

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