Eine Situation bewerten wir besonders gut, wenn rationale Entscheidungen und Bauchentscheidungen zu ähnlichen Ergebnissen kommen. Was ist aber wenn nicht?
Eine Situation bewerten wir besonders gut, wenn rationale Entscheidungen und Bauchentscheidungen zu ähnlichen Ergebnissen kommen. Was ist aber wenn nicht?

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Rationale Entscheidung versus Bauchentscheidung – Was ist besser?

4 Min.

Die Wahrscheinlichkeit, dass wir eine Situation oder einen Menschen richtig bewerten, ist dann am größten, wenn Bauchentscheidung und kritische Reflexion zu ähnlichen Ergebnissen kommen. Was ist aber wenn nicht?

In den verschiedensten Bereichen des Alltags beobachten Neurowissenschaftler, dass rationale Entscheidungen oder mehr Analyse nicht unbedingt zu gewünschten Ergebnissen führen. Eine Bauchentscheidung führt manchmal zu besseren Ergebnissen.

Wie kann das aber sein? Ist unser Verstand etwa dümmer, als wir dachten? Nicht unbedingt, aber die Kapazität der bewussten Ratio ist begrenzt.

*) Der Gehirnforscher Gerhard Roth, Professor für Verhaltensphysiologie an der Universität in Bremen schätzt, dass uns weniger als 0,1 % dessen, was unser Gehirn tut, aktuell bewusst wird. Somit werden 99,9 % unbewusst erledigt.

Kritische Reflexion

Die bewusste Ratio ähnelt einem Scheinwerferlicht, das einen Punkt im Raum klar beleuchten kann. Der Rest des Raumes bleibt im Dunkeln.

Unser bewusstes Denken ist somit sehr präzise und fokussiert, fixiert sich aber auf Details und verliert schnell das große Ganze aus dem Auge.

Bauchentscheidung

Unser Unterbewusstsein gleicht dagegen eher einem schwachen Flutlicht, mit dem man nicht jede kleine Feinheit erkennen kann. Alles wird ein bisschen beleuchtet.

Bei komplexen Situationen erweist sich diese Schwäche aber als sehr erfolgreich: Dadurch, dass unser Unterbewusstsein einen Blick für das große Ganze hat, behält bei komplexen Fragen den Überblick und trifft die bessere Entscheidung.

Unser Bewusstsein hingegen würde bei komplexen Fragen sehr schnell an die natürlichen Kapazitätsgrenzen gelangen und sich in der Not an einige wenige Details klammern, was i. d. R. zu einer falschen Entscheidung führt.

Die Wahrscheinlichkeit, dass wir eine Situation oder einen Menschen richtig bewerten, ist dann am größten, wenn Intuition, die Bauchentscheidung, und kritische Reflexion zu ähnlichen Ergebnissen kommen. Was ist aber wenn nicht?

Regel Nr. 1

Wer bereits viel Erfahrung auf einem Gebiet hat, kann sich meist auf seine Bauchentscheidung verlassen.

Ist man dagegen ein blutiger Laie tut man gut daran, sich mehr Zeit zu lassen und sich ausführlich und analytisch mit der Situation zu befassen.

Regel Nr. 2

Je unübersichtlicher und komplexer die Situation, desto öfter versagt die Analyse und die Intuition ist vorteilhafter.

Rationale versus Bauchentscheidung: Praktische Konsequenzen für Ihr Unternehmen

Die Maxime, an der ich mich als Ihr Unternehmer-Sparringspartner orientiere, lautet: Alle Entscheidungen, die im regulären Geschäftsbetrieb anfallen, sollten auch von den operativen Verantwortlichen getroffen werden. Wofür sonst macht es Sinn, dass Sie als Unternehmer einen Gehaltsaufschlag für die “Seniorität” Ihrer Fachkräfte oder Manager in Kauf nehmen?

Denn wenn Ihr erfahrener Produktentwickler oder Key-Account-Manager, oder … seine künftige Strategie vor einem Gremium rechtfertigen muss, um eine Genehmigung dafür zu erhalten, wird er sich für die rationale Alternative entscheiden, die er diesem Gremium besser “verkaufen” kann.

Das ist aber, wie wir oben sehen konnten, nicht unbedingt die beste Lösung für die Firma.

So entstehen zwar Entscheidungen, die von allen getragen werden, weil sie “vernünftig” sind. Das bedeutet im Umkehrschluss aber nicht selten: suboptimale Lösungen, die nicht das gewünschte Ergebnis bringen werden, und für die niemand die Verantwortung tragen möchte.

Im Falle des Scheiterns werden Sie vermutlich von jedem Beteiligten zu hören bekommen: »Das habe ich ja schon immer gesagt, ich hätte es natürlich anders gemacht, auf mich hört man ja nicht.«

Beim Betreten von Neuland oder bei komplexen bereichsübergreifenden Entscheidungen ist es wichtig, sich Zeit zu lassen und sich ausführlich und analytisch mit der Situation zu befassen. Vor allem mit den Fern- und Wechselwirkungen der Entscheidung, die oft mit einem Zeitverzug auftreten.

Dabei darf jedoch das große Ganze nicht aus dem Auge verloren gehen. Meiner bescheidenen Meinung nach ist aber genau das häufig der Fall.

Dafür ist es hilfreich – oder gar notwendig – dass sich eine Person für das große Ganze verantwortlich zeichnet und im Zweifelsfall auch eine intuitive Entscheidung trifft. Das ist die häufig vakante Rolle des “Unternehmers”.

*) Quelle: AFNB Akademie für neurowissenschaftliches Bildungsmanagement.


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Kommentare

6 Kommentare zu „Rationale Entscheidung versus Bauchentscheidung – Was ist besser?“

  1. Die hier erwähnte Trennung zwischen einem Investor und einem Unternehmer ist für mich zu sehr schwarz/weiß.
    Ein Investor ist nicht gleichzusetzen mit einem Verwahrer und ein Unternehmer nicht mit einem Spieler, schließlich verfolgen beide das gleiche Ziel.
    In vielen Geschftsfelder unterscheiden die beiden angeblichen Persönlichskeitstypen nicht im geringsten in ihrer Handlungs-, Vorgehensweise.

    1. Hier ist beispielsweise das Wort „Investor“ nicht in Ihrem Sinne verwendet, i.e. jemanden, den es tatsächlich auf dem Markt gibt und sehr vielfältig sein und agieren kann. Hier ist das Wort verwendet als ein Platzhalter für eine modellhafte Beschreibung eines bestimmten Typs. Das Wort habe ich gewählt, weil m.E. die Assoziation mit dem Begriff die größte Schnittmenge aufweist mit der Beschreibung, die ich vermitteln möchte. Sie können die Typ-Bezeichnungen gerne für sich mit X, Y und Z ersetzen.

      Wenn man sich über ein komplexes Problem austauschen möchte, dann reduziert man die Komplexität inderm man zunächst Einzelelemente betrachtet. Bei Sachfragen ist es leichter: Man kann sich einmal den Umsatzrückgang ansehen und dann die Eigenkapitalrentabilität.

      Wenn man das Problem beim Thema „Faktor Mensch“ identifiziert hat, dann können Modelle gute Dienste leisten, weil man sich auf eine gemeinsame Sprache einigen kann, um sich über das Problem auszutauschen.

    1. Eine sehr berechtigte Frage! Es ist weniger entscheidend, ob er Controller ist oder nicht, sondern welche “innere Haltung” er zu seiner aktuellen Tätigkeit hat. Den, den Sie vermutlich vor Augen haben, bezeichne ich in der Video-Reihe als den “Investor-/Verwalter-Typ”.

      Ich habe aktuell einen solchen Fall. Da in der Tat die Unternehmer-Rolle vakant ist (und dieser Umstand für viele Symptome verantwortlich ist), habe ich ihn zwei mögliche Optionen offeriert:

      1) Er macht die Position frei und holt sich einen passenden externen Manager.
      2) Ich helfe ihm, seinen Unternehmergeist zu aktivieren und zu entfachen.

      Mögliche Antwort auch auf Ihre Frage?

    2. Mögliche Ja, abere auch die innere Haltung ist Controller.

      Was nicht in Kennzahlen abbildbar ist, existiert auch nicht.

      Zum Glück ist sein Chef ein Unternehmertyp, der das Gröbste ausbügelt.

    3. Mein Tipp für Sie: Denken Sie daran, dass das Verhalten eines “Zahlen-Typs” ebenfalls in Zahlen abbildbar ist! z.B.

      Diskussionen in h (x) Perso-Kosten/h (x) involvierte Personen

      Entgangene Geschäfte w/ fehlender Entscheidungen (x) durchschnittl. Umsatz (x) Gewinnmarge

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